Anderer Blick auf die Welt
Theaterprojekt berichtet von seiner Angola-Reise

Das deutsch-angolanische Ensemble in Luanda. | Foto: Patryk Witt
  • Das deutsch-angolanische Ensemble in Luanda.
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  • hochgeladen von Christian Schindler

Das angolanisch-deutsche Ensemble der Jugendtheaterwerkstatt Spandau, das im Oktober vergangenen Jahres mit Calderons „Das Leben ist Traum“ Erfolg auf der Zitadelle hatte, reiste im Januar und Februar durch Angola. Am Freitag, 10. Mai, wird darüber um 18 Uhr in der Gelsenkircher Straße 20 berichtet.

Die Regisseure Carlos Manuel, geboren in Luanda und wohnend in Berlin, und Orlando Domingos aus Angolas Hauptstadt Luanda ließen im Rahmen des Festivals „Verlorene Illusionen“ Calderons selten gespieltes Stück „Das Leben ist Traum“ gut ausgehen. Der König, der befürchtet, sein Sohn könne ein Tyrann werden, sieht letztlich seine Befürchtungen nicht bestätigt, und der Sohn muss deswegen auch nicht im Kerker bleiben. Das Ensemble zeigt dazu deutlich seine unterschiedlichen europäischen und afrikanischen Wurzeln, wobei die Unterschiede sich gegenseitig beleuchten und bereichern.

Anfang des Jahres erregte das gemischte Ensemble Aufsehen in Luanda. Eine letztlich friedliche Machtübergabe trifft dort auf besonderes Interesse, wichtige Politiker saßen im Publikum. 1975 von Portugal in die Unabhängigkeit entlassen, zerriss sich die ehemalige Kolonie in einem blutigen Bürgerkrieg. Der ist seit Jahren beendet, aber hat Spuren hinterlassen. Sie sind auch in dem zeitlich begrenzten angolanisch-deutschen Ensemble zu sehen. Carlos Manuel kam als Nachfahre weißer Kolonisten in Luanda zur Welt, Orlando Domingos Familie hatte im Bürgerkrieg Tote zu beklagen.

Regisseur Manuel sieht daher auch die Gefahren einer solchen Reise. Als sich die 20-jährige Lia Runau mit angolanischen Mitspielern auf eine kleine Einkaufstour begab, erschrak er. Die war da schon unterwegs, immer mitten in der angolanischen Gruppe und lernte das kennen, was man unter öffentlichem Personennahverkehr in der angolansichen Hauptstadt versteht: Das von außen improvisiert erscheinende Wechseln in verschiedene Fahrzeuge, die privat wirken. Strukturen sind schwer zu erkennen in einer Stadt, die einmal für 500 000 Menschen geplant war und jetzt rund 15 Millionen beherbergt.

Lias Ausflug ging glatt, für eine afrikanische Kollegin endete ein Theaterabend nicht so gut. Sie wurde auf dem Rückweg überfallen. So beschreibt auch der 21-jährige Leon Schley sein Reisegefühl: „Nach dem zehnten Tag wollte ich wieder nach Hause, hier fühle ich mich sehr sicher.“ Großartig fand er die Reise trotzdem, schon wegen der Spracherfahrung. In Angola braucht man Portugiesisch. Das ist zwar die ehemalige Kolonialsprache, doch mit der Weltsprache Englisch kommt man nicht weit.

Was die deutschen Besucher in Angola auch erstaunte, war die Gleichzeitigkeit von Armut und alltäglicher Leichtigkeit. Die deutschen Gäste kauften in einem Supermarkt für eine Party mit ihren Gastgebern ein, und sahen, wie diese sich wunderten. Was für die Deutschen ein ganz normaler Einkauf war, summierte sich für die Angolaner an der Kasse zu einem Monatseinkommen. Dafür verbreiten sie im Alltag schnell gute Laune: Kaum wurde im Bus Musik angestellt, sangen auch alle mit.

Für die Mitarbeiter der Jugendtheaterwerkstatt Julia Schreiner und Patryk Witt war zudem der andere Blickwinkel auf die Welt spannend. Brexit und die Zukunft der Europäischen Union sind Themen, die in angolanischen Medien nur alle paar Tage und deutlich am Rand vorkommen.

Der Eintritt zu der Veranstaltung in der Jugendtheaterwerkstatt ist frei.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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