Heimspiel für Kai Wegner im Falkenhagener Feld
Der Regierende Bürgermeister über Drogen, Sicherheit und kaputte Straßenlampen
Bürgergespräche können herausfordernd sein. Das hat Kai Wegner (CDU) bei seiner bisherigen Dialogreihe in den Bezirken bereits erfahren. Der Termin am 20. November war dagegen eher angenehm. Vielleicht auch deshalb, weil er ein Heimspiel war.
Der Regierende Bürgermeister war für seine Veranstaltungsreihe „vor Ort“ in das Klubhaus in der Westerwaldstraße im Falkenhagener Feld gekommen. Das Klubhaus kennt er aus seiner Jugendzeit, „da sah es hier noch etwas anders aus“. Seine erste eigene Wohnung befand sich im Falkenhagener Feld. Aufgewachsen ist er nicht weit entfernt in Hakenfelde.
Die rund 80 Besucherinnen und Besucher stellten dennoch so kritische Fragen zu Verkehr, Bildung, Sicherheit und den Einsparungen im Berliner Landeshaushalt. Und das waren Kai Wegners Antworten in einem mehr als 90-minütigen Streifzug durch viele Anliegen und Probleme, nicht nur im Bezirk.
Öffentlicher Nahverkehr. Es gebe noch Verbesserungsbedarf, vor allem hinsichtlich der Anbindung an die neuen großen Wohnquartiere. Entlastung bringe eines Tages die Wiedereröffnung der Siemensbahn, wenn auch erst 2029. Einer Verlängerung der Trasse zumindest bis Hakenfelde stehe er positiv gegenüber, auch bis ins Land Brandenburg, wie ein Fragesteller forderte. Weniger begeistert ist der Regierende von einer Straßenbahn-Insellösung in Spandau. Die Tram sei im eigenen Gleisbett von Nutzen. Ansonsten stehe sie mit den Autos im Stau.
Kriminalität. Kai Wegner sprach sich für mehr Videoüberwachung an Hotspots wie den Münsinger Park aus. Im Bereich der U-Bahn hätten Aufzeichnungen zur Ermittlung aller Tatverdächtiger von schweren Gewalt- oder Raubdelikten geführt. Außerdem habe Videoüberwachung eine abschreckende Wirkung auf mögliche Straftäter. Allerdings stellte er auch fest: „Es gibt beim Thema Kriminalität nicht die einfache Antwort“. Gebraucht werden Sozialarbeiter, Streetworker, Prävention, Angebote für Drogenabhängige. Aber ebenso staatliche Maßnahmen wie „eine starke Polizeipräsenz“ und „eine Justiz, die auch mal härter verurteilt“.
Einsparungen im Haushalt. Vor allem die Senatsverwaltungen, die in der Vergangenheit sehr viel bekommen hätten, müssten jetzt mehr abgeben. Neben Verkehr und Umwelt betreffe das vor allem die Kultur. Das sei zwar schmerzlich, aber noch immer liege der Kulturetat bei einer Milliarde Euro. Es wäre ohnehin zu überlegen, wie die Einrichtungen wirtschaftlich besser aufgestellt werden könnten: durch mehr eigene Einnahmen und weniger Steuergeld. Es gebe aber auch Bereiche, die bewusst von Sparvorgaben weitgehend verschont geblieben seien. Neben der Sicherheit waren das Bildung und die Ausgaben für Soziales.
Schuldenbremse. Kai Wegner kämpft nach eigenen Angaben schon seit Jahren für eine Veränderung der Schuldenbremse, die indes von der Bundes-CDU offiziell abgelehnt wird. Aktuell und in naher Zukunft müssten so viele Investitionen getätigt werden, stellte Wegner fest, die über einen normalen Landeshaushalt nicht zu stemmen seien. Er nannte als Beispiele: Infrastruktur, Digitalisierung und Klimawandel. Die Länder dürften, anders als der Bund, überhaupt keine Schulden mehr machen. Schon deshalb gebe es dort Rückhalt für eine Veränderung. Und auch eine neue Bundesregierung werde sich hier wahrscheinlich bewegen. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz „hält das ja inzwischen für möglich“.
Großes im Kleinen. Den Abend nutzte der Regierende auch zum Ziehen großer Linien. Eine Besucherin beklagte, dass es in der Neustadt im Abstand von 300 Metern drei beschädigte Straßenlaternen gebe, die nicht repariert würden. Anscheinend fühle sich niemand zuständig. „An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig eine Verwaltungsreform ist“, erklärte der Regierende. Er werde den Fall mitnehmen. Für die Musikschulen kündigte er eine Lösung im Zuge des sogenannten Herrenberg-Urteils an, die er mit den anderen Bundesländern erreichen wolle. Dabei geht es um den Status von Honorarkräften und der Sozialversicherungspflicht ihres Auftraggebers, also der öffentlichen Hand.
Mit ihm werde es auch bei knapper Haushaltslage keinen Verkauf landeseigener Wohnungen geben, betonte der Regierende und bezog sich dabei auf Kaufwünsche von Bewohnern aus der Siedlergemeinschaft Spandauer Scholle. Den Hinweis einer Mieterin des Adler-Immobilienkonzerns, die verheerende Zustände beklagte, griff er auf, um auf mögliche Auswirkungen eines Verkaufs hinzuweisen. Mit dem „Veräußern von Tafelsilber nimmt sich die Politik Gestaltungsspielraum“. Auch da sprach er ein wenig aus eigener Erfahrung. Vermieter seiner ersten eigenen Wohnung im Falkenhager Feld sei die damals noch landeseigene GSW gewesen, die später „verscherbelt“ wurde. Nach seiner Erinnerung sei das unter einer rot-roten Landesregierung passiert, auch dieser süffisante Hinweis fehlte nicht. Vor einigen Jahren habe es den Rückkauf von Wohnungen in dieser Gegend gegeben, für ungleich teureres Geld.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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