Geschichte(n) und neue Herausforderungen
Fennpfuhl-Konferenz zum 50-jährigen Bestehen des Wohngebiets offerierte viele Einblicke
Ein Rückblick auf das Baugeschehen, die Entwicklung in den vergangenen 50 Jahren und künftige Vorhaben im Ortsteil: Das waren die Themen der Konferenz „50 Jahre Wohngebiet Fennpfuhl“ zu der das Bezirksamt Akteure aus Politik, Wohnungswirtschaft und aus der Nachbarschaft einlud.
Zu den Rednern gehörte unter anderem Dieter Rühle, der das Wohngebiet und dessen Geschichte wohl wie kein zweiter kennt. Er war ab 1969 als Komplexarchitekt im Wohnungsbaukombinat Berlin maßgeblich an der Gestaltung beteiligt. Die Aufgabe des Teams unter seiner Leitung war es, für dieses Gebiet eine Bebauung zu entwickeln, die nicht nur aus Wohngebäuden besteht. Die nötige Infrastruktur sollte gleich mit entstehen.
Das heißt, dass neben den Wohnungen für bis zu angedachten 50 000 Einwohnern auch Kitas, Schulen, Sporthallen, Gaststätten, Dienstleistungsgebäude, Jugendklubs, ein Warenhaus und anderes mit zu planen waren. Alles sollte zügig in Plattenbauweise gebaut werden können. Zu planen war trotzdem so, dass ausreichend Grün- und Freiflächen garantiert sind. Und schließlich wurde erwartet, dass die Bebauung so erfolgt, dass sich die Bewohner mit diesem Gebiet identifizieren.
Auf der Fläche, auf der sich heute der Ortsteil befindet, gab es viele Kleingärten und Kleingewerbe. Die Grundsteinlegung für das erste Gebäude fand vor 50 Jahren statt. Danach wurden neben dem Zentrum noch drei Bauabschnitte nach und nach errichtet. Rückblickend schätzt der ehemalige Komplexarchitekt ein, dass Fennpfuhl das schönste Wohngebiet ist, das er in seinem Berufsleben baute.
Die Einschätzung, dass der Fennpfuhl ein lebens- und liebenswertes Wohngebiet ist, teilen heute viele Bewohner, wie Umfragen und filmische Interviews belegen, die zur Konferenz präsentiert wurde. Viele der Erstmieter kamen aus Altbauten in Prenzlauer Berg, Friedrichshainern oder Mitte. Meist war dort die Toilette eine halbe Treppe tiefer. Die Wohnungen waren klein, das Umfeld marode. In Fennpfuhl fanden sie helle und in der Regel größere Wohnungen mit Bad und WC. Außerdem war das Umfeld angenehmer und sie bekamen in unmittelbarer Nähe fast alles, was sie zum täglichen Leben brauchten. Das bestätigte auch Wolfram Friedersdorff, 1995 bis 2001 Bürgermeister von Lichtenberg. Er wohnte mit seiner Familie von 1982 bis 1995 im Ortsteil. Ihm blieben vor allem zwei Dinge in Erinnerung: die wunderbar gestalteten Grünanlagen und Freiflächen mit den Kunstwerken darin sowie die tolle Nachbarschaft. Und der jetzige Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) berichtet, dass er gleich zum Einstieg in die Lichtenberger Bezirkspolitik 1995 mit einem Bürgergutachten aus dem Wohngebiet Fennpfuhl konfrontiert wurde. Das Engagement halte hier bis heute an, so Grunst. Dafür dankte er vor allem auch dem Bürgerverein Fennpfuhl.
Kinderarmut bedenklich
Derzeit leben knapp 34 000 Menschen in Fennpfuhl, war auf der Konferenz zu erfahren. Das sind 11,2 Prozent aller Lichtenberger. Etwa 23 Prozent der Bewohner hat eine ausländische Staatsbürgerschaft. Die größte Gruppe sind etwa 1300 Vietnamesen, gefolgt von derzeit etwas über 420 Ukrainern. Bedenklich ist, dass etwa ein Drittel aller Kinder von Armut betroffen sind. Mit entsprechenden Maßnahmen versucht das Bezirksamt inzwischen, die Familien zu unterstützen und die Kinder zu fördern.
Die beiden größten Vermieter sind die Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg und die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge. Beide investierten in den zurückliegenden drei Jahrzehnten in die Sanierung und Modernisierung. Aber auch der Bezirk investierte, berichtet Stadtentwicklungsstadtrat Kevin Hönicke (SPD). So flossen zum Beispiel Städtebaufördermittel in die Aufwertung von Anton-Saefkow-Platz und -Promenade, in Kitaumbauten und den Sportplatz des Herder-Gymnasiums. Außerdem konnte der Fennpfuhlpark erweitert werden.
Weil zunehmend junge Familien ins Wohngebiet ziehen, stehe die Bezirkspolitik derzeit vor der Aufgabe, die betreffende Infrastruktur zu schaffen, zum Beispiel weitere Schulplätze, so Hönicke. Untersuchungen zufolge weise der Stadtteil aber auch das Potenzial für weitere 1850 Wohnungen auf. Diese könnten vor allem in den Randgebieten entstehen. Für Hönicke ist dabei klar: Grünflächen sollen nicht verloren gehen.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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