Bürgerbeteiligung hat Tiefpunkt erreicht
Lichtenberg. Fast 800 Millionen Euro fasst der Jahreshaushalt des Bezirkes Lichtenberg. Wie ein Teil davon ausgegeben wird, das können die Bürger mit Hilfe des Verfahrens "Bürgerhaushalt" mitentscheiden. Doch noch nie war die Beteiligung so niedrig wie im Jahr 2015.
Wofür die Kommune ihr Geld ausgibt, das können die Bürger im Bezirk Lichtenberg ganz konkret mitentschieden. Die Möglichkeit dazu gibt ihnen der "Bürgerhaushalt". Das ist ein Beteiligungsverfahren, bei dem Bürger online, schriftlich oder bei Veranstaltungen ihre Vorschläge ans Bezirksamt richten können.
Die Ideen reichen vom Aufstellen neuer Bänke im Park, über die Ausbesserung von Radwegen und das Absenken von Bordsteinen, bis hin zur Seniorenbetreuung und Kinderförderung. In diesem Jahr feiert der Bürgerhaushalt in Lichtenberg sein zehnjähriges Bestehen. Eigentlich wäre das ein Grund zum feiern. Doch noch nie beteiligten sich so wenige Bürger am Bürgerhaushalt, wie dieses Jahr. Laut Statistik gingen lediglich 18 Vorschläge von Bürgern ein. Dabei kamen noch im Jahr 2013 mehr als 250 zusammen.
"In der Vergangenheit haben sich viele Bürger mit ihren Vorschlägen engagiert. Mittlerweile sind viele müde von der Beteiligung, weil auch so viele Vorschläge nicht umgesetzt wurden", sagt Hendrikje Klein. Die Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Linke in der Bezirksverordnetenversammlung ist eine klare Befürworterin des Bürgerhaushalts. In den vergangenen zehn Jahren wurden 281 Vorschläge nicht umgesetzt oder abgelehnt. Realisiert wurden hingegen 389 Vorschläge. Darüber informiert die Online-Statistik auf der Seite www.buergerhaushalt-lichtenberg.de. "Ich bin überzeugt, dass viele Bürger Lust auf einen Dialog mit der Verwaltung und der Politik haben. Ein modernes Verfahren dafür bleibt der Bürgerhaushalt. Das sollte weiter genutzt werden", fordert Klein.
"Ein Auf und Ab nach zehn Jahren der Bürgerbeteiligung ist normal", sagt Bürgermeisterin Birgit Monteiro (SPD). Die niedrige Beteiligungsquote sei einfach zu erklären: "In diesem Jahr fanden keine Stadtteilkonferenzen statt. Hier kamen über den direkten Dialog mit den Bürgern viele Vorschläge zusammen."
Die nächsten Stadtteilkonferenzen sind erst für das nächste Jahr geplant. Geschuldet sei der Aufschub auch einer Analyse des Verfahrens der Bürgerbeteiligung: "Ich möchte den Bürgerhaushalt weiter entwickeln", sagt Monteiro. Es gebe einige Verfahren der Bürgerbeteiligung im Bezirk, die ähnlich wie dieses funktionieren. Darunter etwa das "Ordnungsamt Online", früher als "Maerker" bekannt, wo Beschwerden der Bürger entgegen genommen werden.
"Ich finde es auch fraglich, ob Bürgern der Aspekt, wie man einen Haushalt aufstellt, auch wirklich deutlich wird", sagt Monteiro. Wegen der klammen Haushaltskasse war der Bürgerhaushalt nie ein Wunschkonzert, bei dem jeglicher Wunsch der Bürger erfüllt wurde. Im Gegenzug zu einem Wunsch mussten Bürger deshalb auch benennen, an welchen Punkten sie im Bezirk sparen würden. Die Bezirksverordnetenversammlung setzte sich hierauf mit den Wünschen auseinander, lehnte sie ab oder beschloss die Umsetzung. Vielfach war der Sinn manchen Umsetzungswunsches Gegenstand der politischen Debatte. Denn die Bürgervorschläge sollten möglichst allen Anwohnern in einem Kiez etwas bringen.
Damit Verbesserungen also nicht auf Einzelmeinungen zurückgehen, sollen im kommenden Jahr sogenannte "Stadtteilprofile" helfen. "Diese listen detailliert die Schwächen und Stärken in den Kiezen auf", erklärt Monteiro. Sie sagen aus, ob ein Kiez beispielsweise für seine älteren Anwohner ein lebenswertes Umfeld bietet. Diese Profile sollen dem Bürgerhaushalt 2016 als Grundlage dienen, Wünsche zu formulieren und schließlich umzusetzen.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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