Alexander Schuke Orgelbau Potsdam - fast 200jährige Tradition
Die Orgel – Königin der Musikinstrumente
Orgelbauer in fast 200jähriger Tradition in Werder bei Potsdam.
Ein klanglich und menschlich bewegender Besuch der Mitglieder der Interessengemeinschaft KULTURGUT-FranzösischBuchholz-BIENCULTUREL in Werder bei Potsdam.
Französisch Buchholz besitzt in seiner evangelischen Kirche, der drittältesten Dorfkirche Berlins – eine Schuke-Orgel mit 13 Registern. Diese wurde 1971 eingebaut, damals von Hans-Joachim Schuke. Damit reiht sich Französisch Buchholz ein in die reiche und lebendige Orgelkultur Deutschlands. Die Interessengemeinschaft erinnert an die Bewahrung und Förderung des immateriellen Kulturerbes***
Zur feierlichen Verabschiedung von Martin König in der Buchholzer Kirche am 11. Februar 2018 durch viele Mitwirkende, erklang, intoniert von der Kantorin Sophia Forck, und den Organisten Thomas Raddau und Titus Jacob, die Buchholzer Alexander-Schuke-Orgel.
Seit langem hatte sich die Interessengemeinschaft KULTURGUT-FranzösischBuchholz-BIENCULTUREL in Werder bei der Firma Alexander Schuke Potsdam-Orgelbau GmbH zu einer Erlebnis-Führung angemeldet. Am 22. März 2018 konnte der Besuch zu Ehren der Verabschiedung von Pfarrer Martin König in den Ruhestand Wirklichkeit werden. Wir wollten wissen, was die Orgel zur sprichwörtlichen Königin der Musikinstrumente macht. Bei fahrtauglichem Wetter ab Berlin, gelangten wir gut auf die Havelauen und lernten gleich bei der Ankunft den bescheiden, aber sinnvoll angelegten Firmenstandort suchen und finden. Bereits der Beginn des Empfangs wurde durch Herrn Michael Schuke, den Jüngsten in der Orgelbauer-Familie, zu einem eindrucksvollen Erlebnis. Seine Einführung in die Geschichte und Firmenphilosophie des Orgelbaus war beeindruckend.
Heute wird die Firma geleitet von Michael, Matthias und Johannes Schuke. Michael Schuke hatte vor zwei Jahren die Prüfung zum „Orgelbauer- und Harmoniebaumeister“ in Ludwigsburg bei Stuttgart, der einzigen Berufschule für Orgelbauer in Deutschland, abgelegt.
Das Gießen und Bearbeiten der Zinnplatten für die Orgel-Pfeifen wird heute wissenschaftlich entwickelt und vorgenommen. Es ist mit besonderer Akribie und jahrzehntelanger Erfahrung verbunden. Zunächst wird im Gießkessel das Herstellen von Orgelmetall aus Blei und Zinn als Legierung vorgenommen. Anschließend wird das Metall auf einer Gießbank zu dünnen Platten gegossen. Diese Platten werden auf eine Trommel einer Maschine gespannt und auf die benötigte Stärke abgedreht. Aus diesen Platten werden die Einzelteile der Pfeifen zugeschnitten und anschließend weiter verarbeitet. Aufgrund seiner mechanischen Materialeigenschaften lässt sich das Orgelmetall einfach herstellen und ist weich genug um es mit Handwerkzeugen sehr gut bearbeiten zu können.
Der Klang einer Orgelpfeife wird durch die Zusammensetzung der Legierung beeinflusst. Je mehr Zinn sie enthält, desto heller und schärfer, je mehr Blei desto weicher und wärmer wird der Klang. Hochprozentige Zinnlegierungen mit einem Zinnanteil von bis zu 96% und weiteren Spurenelementen werden vor allem wegen ihrer Härte und ihrer guten Politurfähigkeit für Prospektpfeifen verwandt. Diese, technisch und handwerklich hohe Perfektion und Feingefühl fordernde Kunst wurde uns mit all ihren Schwierigkeiten von Michael Schuke anschaulich erläutert.
Michael Schuke führte uns durch den gesamten Betrieb und wir erlebten, dass es in der Klangwelt der Orgelbauer und Orgelbauerinnen auf ihren Orgeln musikalisch ungeheuer vielfältige Nuancen gibt, die nur durch das menschliche Gehör handwerklich bestimmt und „gestimmt“ werden können. Die Register, also die Pfeifen-Reihen, werden durch die Klaviatur bedient und die nötigen Luftströme durch einen Blasebalg erzeugt. Die Klangerzeugung kann tausendfach variieren, so dass es bei der Herstellung der Pfeifen, ihrer Anordnung und ihres Zusammenspiels höchster Kunstfertigkeit bedarf.
Zusammen mit dem Intonateur und Orgelbauer Carsten Müller aus Thüringen führte uns Michael Schuke in diese Geheimnisse ein, von denen die meisten von uns vorher nichts geahnt hatten. Die Intonateure und Orgelbauer treffen die klanglichen Entscheidungen aufgrund ihrer persönlichen und künstlerischen Erfahrungen, im Verbund mit dem Wissen ihrer Vorgänger und sich stets anpassenden neuen Erkenntnissen. So sind die Mitarbeiter/innen der Firma Alexander Schuke Orgelbau GmbH nicht nur Orgelbauer, die wir getrost als große Künstler mit feinstem Gehörsinn bezeichnen dürfen, sondern auch Physiker, Elektrotechnikermeister, Feinmechaniker und Tischler.
In der hauseigenen Tischlerei, gleichfalls ein Meisterbetrieb, wird ein kongeniales Betriebskonzept verwirklicht, dass die handwerkliche Qualität in gleichem Maße als Tischlerei aufweisen kann. Hier entstehen die Orgel-Pfeifen aus Holz und dies wäre eine Extra-Geschichte, für die es hier an Platz mangelt.
Nicht nur unter den Noten von Johann Sebastian Bach, am Ende seiner Musikstücke finden sich die Worte „Soli Deo Gloria“, sondern auch im Werkverzeichnis der bald 200jährigen Firmentradition der Alexander Schuke Orgelbaufirma und ihrer drei Vorgängerfirmen. Dieses beeindruckende Verzeichnis zeigt die erbauten Orgeln, die Pflege und Reparaturen auf. Die ersten Orgeln wurden 1818 von Gottlieb Heise, als erster Potsdamer Orgelbauer in Neuruppin, Alt Ruppin, Groß Schönebeck und Potsdam repariert. Die erste neu gebaute Orgel 1828 mit 11 Registern ist verzeichnet für die Klosterkirche in Lehnin. Deutschland- und weltweit haben schon die Vorgänger der Firma Alexander Schuke Orgelbau namens Carl Ludwig Gesell & Carl Schultze; Carl Eduard Gesell, und ab 1894 die Orgelbauer der Alexander Schuke Orgelbaufirma, Karl & Hans-Joachim Schuke; Hans-Joachim Schuke, Max Thiel, Matthias Schuke, bis 2018 rund 851 Orgeln repariert und gebaut.
Mit erhabenen, fröhlichen und tiefen klanglichen Eindrücken verlassen wir diesen wunderbaren Ort und treffen – eine glückliche Fügung – noch auf Matthias Schuke, den Alt-Meister der Firma. Es war ein erlebnisreicher und wissens bereichernder vorösterlicher Nachmittag.
Anne Schäfer-Junker, Französisch Buchholz (anne.junker@gmx.de )
***Immaterielles Kulturerbe | Die Pflege der Orgelkultur zeichnet sich durch eine hohe Kunstfertigkeit aus, es verbinden sich im Orgelbau Wissen im Umgang mit der Natur, traditionelles Handwerk und innovative Technik. Jede Orgel ist ein Unikat, da sie an die Gegebenheiten der Konzertsäle, Kirchen und Salons angepasst wird und gepflegt wird. Zwischen orgelbau und Orgelmusik gibt es starke kreative Wechselwirkungen. Deutschlandweit existieren rund 50.000 Orgeln, 400 Orgelbaubetriebe und zehntausende ehrenamtliche OrganistInnen. Die Orgelkultur wurde in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. 2013 trat Deutschland dem Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes bei, das 2003 von der Generalkonferenz der UNESCO verabschiedet wurde. Immaterielle Kulturformen sind Bräuche, Feste und Kulturtechniken/Fertigkeiten und mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, die für die Vielfalt menschlicher Kreativität stehen und unsere eigene Identität und die anderer Kulturen betont. Diese Konvention des immateriellen Erbes und die Konvention der Welterbestätten in der Welterbeliste, ergänzen sich wechselseitig in ihren materiellen und immateriellen Aspekten. Während einer Auszeichnungsveranstaltung im März 2015, Fachtagung „Wissen. Können. Weitergeben.“, wurden die ersten Einträge in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes gewürdigt, darunter auch der Orgelbau mit dem Engagement der Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands.
Autor:Anne Schäfer-Junker aus Französisch Buchholz |
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