„Ich wollte eigentlich immer nur mit den Augen zuhören“ - Christoph Wetzel
Der Maler und Zeichner Christoph Wetzel hat sich ein sehr einprägsames Lebensmotto gegeben. „Ich wollte eigentlich immer nur mit den Augen zuhören“.
Der Sonntagsvortrag Christoph Wetzel – Bildschöpfer der Kuppelgemälde der Dresdner Frauenkirche nach dem Wiederaufbau (2002-2005) am 12. November 2017 in der Dorfkirche in Französisch Buchholz hat es möglich gemacht, ihm in diesem Gedanken zu folgen. Der Einblick in seine Arbeit von 2002 bis 2005 bei der Erforschung, Rekonstruktion und Ausmalung der acht Kuppelgemälde der wiedererstandenen Dresdner Frauenkirche hat uns die Bildfindung und die Bildschöpfung wie im eigenen Abenteuer miterleben lassen
Er hatte den Auftrag, die seinerzeit vom venezianischen Maler Giovanni Battista Grone unter der Innenkuppel der Dresdner Frauenkirche geschaffenen Fresken wiedererstehen zu lassen. Grone, ein Theatermaler, Bühnenbildner und Architekt im Zeitalter des Barock, lebte übrigens ab 1719 in Dresden am Hofe August des Starken und wurde 1740 dessen Hofarchitekt.
Es war ein sehr seltenes Ereignis, den Künstler Christoph Wetzel als Schöpfer seiner Werke im Vortrag zu seinen eigenen Werken zu erleben – voller Ausstrahlung als Mensch und Christ. Die Kuppelgemälde hat er mit vollendetem Können und ganzem Körpereinsatz gemalt. Zuweilen auch „malte“ er seine Worte bei diesem Vortrag in altmeisterlicher Manier so in die Seele der ZuhörerInnen, dass viele glaubten in der Dresdner Frauenkirche zu stehen.Voll Frömmigkeit und tiefer Liebe zu Gott haben sein großartiges Farbgefühl und sein zeichnerisches Können ein selten weitläufiges Werk geschaffen – altmeisterlich und modern zugleich.
Unweigerlich musste ich an Giotto’s Fresken in der Scrovegni-Kapelle in Padua denken. Der adelige Bankier und Unternehmer Enrico Scrovegni ließ die Kapelle im Jahr 1300 auf den Ruinen eines römischen Amphitheaters erbauen. Im Auftrag Scrovegnis schmückte Giotto das gesamte Gewölbe sowie die Wände der „Arena“-Kapelle aus – es wurde sein bedeutendstes Werk und ist noch heute nur zeitweilig und limitiert, zu besichtigen. In knapp 860 Tagen schuf der 40jährige Florentiner Meister Giotto di Bondone die Fresken der heute weltbekannten Kapelle zwischen 1302 und 1305. Er schildert Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und führt die Kunst durch einen völlig neuartigen, auf die sichtbare und räumliche Realität bezogenen Bildbegriff vom Mittelalter in die Frühe Neuzeit (Dagmar Korbacher). Bis ins 19. Jahrhundert war die Kapelle in privatem Besitz. Bis heute wurden die Fresken nur drei Mal restauriert, zuletzt 2001.
Der Künstler Christoph Wetzel, 1947 geboren, Restaurator, Maler und Zeichner hat sich an guten Schulen ausbilden lassen: Bildhauerei in Berlin-Weißensee, Ausbildung als Wand- und Tafelmaler an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste und kurzzeitig eine Restauratorenlehre absolviert. Ebenso hat er als Lehrer an der Dresdner Hochschule und an der Porzellanmanufaktur Meißen gewirkt.
„Die Anverwandlung des Himmels“ nennt Prof. Norbert Conrads (2017 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande) das Wirken Christoph Wetzels in Wrocław, wo er die verlorenen Fresken des Deckengemäldes im Konzertsaal des Oratorium Marianum in der Universität Wrocław neu malte. Erst der große Katalog im Kunstverlag Fink, in dem kein Geringerer als Harald Marx, der langjährige Direktor der Dresdner Gemäldegalerie, das Werk Wetzels zu dessen 70. Geburtstag in diesem Jahr würdigt, ermöglicht großzügigen Einblick in dessen Schaffen. Die wunderbaren Farbabbildungen und die schönen Texte überraschen, wie wenn eine Schatztruhe mit wertvollem Geschmeide geöffnet wird. Im meisterlichen Ölgemälde „Christophorus“ – der Hüne mit Stab, der das Jesuskind auf den Schultern durch einen Fluß trägt – gemalt 2015, wird nicht nur die Erinnerung an die Zerstörung Dresdens 1945 wach. Der Künstler geht hier im Selbstbildnis als Kind und Mann durch das Wasser, kann den Flammen im Hintergrund entkommen, sein Stab ist zerbrochen.
Seit 2014 hat Christoph Wetzel ein Atelier in Berlin. Er lebt in Französisch Buchholz.
Anne Schäfer-Junker, 17.11.2017 (anne.junker@gmx.de)
Autor:Anne Schäfer-Junker aus Französisch Buchholz |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.