Jeder Garten hat seine Berechtigung
In der Kleingartenanlage "Hoffnung" gärtnern alle einvernehmlich

Stefanie Remlinger zeigt Henry Düring-Bienemann ihre Kräuterspirale. Auf der sind 50 unterschiedliche Kräuter zu entdecken. | Foto: Bernd Wähner
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  • Stefanie Remlinger zeigt Henry Düring-Bienemann ihre Kräuterspirale. Auf der sind 50 unterschiedliche Kräuter zu entdecken.
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Wenn es um das Thema nachhaltiges Gärtnern geht, ist die Kleingartenanlage (KGA) "Hoffnung" etwas Besonderes.

Sie ist zwar mit gerade einmal 31 Parzellen nicht besonders groß. Aber in den Gärten findet sich die ganze Bandbreite der Kleingartenbewirtschaftung. Da gibt es Parzellen, auf denen sich akkurat angeordnete Beete finden. Die lassen das Herz jedes traditionellen Kleingärtners höher schlagen. Es finden sich aber auch Naturgärten. In denen sieht es so aus, als wüchse alles wild durcheinander. Aber das hat nur den Anschein. Denn auf diesen Parzellen ist eine neue Generation von Kleingärtnern am Wirken. Denn auch hinter diesem scheinbaren Pflanzendurcheinander steckt ein Konzept. Da wird naturnahes, insektenfreundliches Gärtnern praktiziert.

Dass dieses Nebeneinander der unterschiedlichen Vorstellungen von Gärtnern so gut funktioniert, liegt nach Meinung von Henry Düring-Bienemann auch ein Stück weit daran, dass sich die Pächter in der Anlage bestens verstehen. Düring-Bienemann ist der Vorsitzende des Kleingartenvereins. „Wir haben hier eine bunte Mischung von Menschen aus allen Generationen“, sagt er. „Unsere älteste Gärtnerin ist 84 Jahre alt, der jüngste Spross in der Anlage gerade knapp anderthalb Jahre. Was uns eint ist, dass wir uns vor einigen Jahren darauf verständigt haben, dass jede Daseinsform von Kleingärten ihre Berechtigung hat.“

Damit wurde ein neuer Abschnitt in der Geschichte der traditionsreichen Anlage beschritten. Gegründet wurde die KGA "Hoffnung" nämlich bereits 1927. Die ersten Parzellenpächter auf der seinerzeit brachliegenden Fläche an der Zimbelstraße 13 wollten zum einen der Enge der Mietskasernen in Prenzlauer Berg entfliehen. Zum anderen wollten sie sich mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten selbst versorgen. Einer der ersten Gärtner auf der Anlage war der Überlieferung zufolge ein Bäcker. Dessen Apfelkuchen soll eine Legende gewesen sein. Und noch heute gibt es ungewöhnlich viele Apfelbäume in den Gärten.

Ort der Selbstversorgung
und des Rückzugs

Im Laufe der Jahrzehnte spiegelten sich gesellschaftliche Entwicklungen auch stets in der Anlage wieder. So dienten die Gärten und Lauben im Zweiten Weltkrieg als wichtige Selbstversorgungsquelle, Notunterkunft oder gar Versteck. Die Vereinschronik berichtet, dass dort zum Beispiel die jüdische Familie Sosnowsski Unterkunft fand und so der Verfolgung durch die Nazis entgehen konnte. Zu DDR-Zeiten waren die Kleingärten dann erholsame Rückzugsorte vom Alltag. Und wer keinen Ferienplatz bekam, verbrachte seinen Urlaub auf seiner Scholle. Natürlich wurde auch schon damals gemeinsam gefeiert. Es gab Sommer- und Kinderfeste. Geerntet wurde für den eigenen Verbrauch. Und was an Obst und Gemüse überschüssig war, wurde an den Konsum verkauft. So konnte das eigene Einkommen etwas aufgestockt werden.

Inzwischen geht es den Kleingärtnern mehr darum, in und mit der Natur zu leben und sie selbst zu gestalte. Auf der eigenen Parzelle können sie vom Alltagsstress herunterkommen. Die ganze Familie kann in den grünen Oasen auch mal richtig durchatmen. Und der Nachwuchs erfährt, dass Äpfel an Bäumen wachsen und Möhren in der Erde gedeihen und nicht aus irgendeiner Fabrik kommen. Auch wenn die Gärten in der Anlage unterschiedlich angelegt sind, entsprechen sie den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes, sagt Henry Düring-Bienemann. Das heißt, dass sich mindestens auf einem Drittel der Fläche Nutzpflanzen befinden.

"Wer gärtnern will,
der braucht Zeit"

Darauf achten alle. Denn die KGA "Hoffnung" befindet sich auf einer privaten Fläche. Und nur wenn sie nach den gesetzlichen Vorgaben als Kleingartenanlage bewirtschaftet wird, hat sie die Chance, dauerhaft zu bestehen. Deshalb hoffen die engagierten Gärtner, dass sie es schaffen, dass ihre Anlage als Dauerkleingartenanlage planungsrechtlich gesichert wird. „Wir wollen langfristig auf unseren Gärten unterwegs sein“, sagt der Vorsitzende. „Meine Frau sagt immer: Wer gärtnern will, der braucht Zeit. Und damit hat sie recht.“

Die Gärtner in der KGA "Hoffnung" wollen sich aber nicht in ihrer grünen Oase einigeln. Im Gegenteil. Das Tor zur Anlage steht in der Saison stets weit offen. Es finden sich Gemeinschaftsflächen in der Anlag, auf denen es auch Spielmöglichkeiten für Kinder gibt. Und seit fünf Jahren nimmt die Gemeinschaft der Anlage bei den Langen Tagen der Stadtnatur teil. Auch wenn diese 2020 offiziell wegen der Corona-Pandemie ausfielen, in der KGA "Hoffnung" fanden sie trotzdem statt. Kinder konnten zum Beispiel mit Naturmaterialien und Fingerfarben kreativ Kunstwerke gestalten. Für Erwachsene gab es indes die Möglichkeit, Kräutersalz und Blütenzucker zu mörsern. Außerdem konnten alle Besucher von einer Expertin mehr über heimische Kräuter erfahren. Und im Garten von Stefanie Remlinger konnte jedermann an einem Kräuterquiz teilnehmen. Die Kleingärtnerin sitzt normalerweise in der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Abgeordnetenhaus. Doch in ihrer Freizeit findet sie Ausgleich im Garten und bei der Arbeit an ihrer Kräuterspirale mit unglaublichen 50 unterschiedlichen Kräutern. Mit dieser sorgt sie, so wie ihre Nachbarn mit anderen Projekten, für Biodiversität in der Anlage.

Weitere Informationen zur KGA "Hoffnung" finden sich auf www.gartenbund.de/kga-hoffnung/.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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