Eine reizende Idee des Künstlers
Der Erikabrunnen auf dem Adam-Kuckhoff-Platz und seine Geschichte
„Gestern Nachmittag um 5 Uhr fand, wie schon kurz gemeldet, die feierliche Enthüllung und Übergabe des von Herrn Kommerzienrat Haberland unserer Gemeinde gestifteten Zierbrunnens an der Laubacher Straße Ecke Südwestkorso statt.“
Das meldete der Friedenauer Lokal-Anzeiger am 20. Juni 1911. Zur Einweihung kamen der Schöpfer des Brunnens, Bildhauer Emil Cauer der Jüngere (1867-1946), Bildgießer Hermann Noack und der letzte Bürgermeister eines selbständigen Friedenau, Erich Walger (1867-1945). Der mit 70mal 160 Metern in Dreiecksform wohl kleinste Platz Friedenaus, auf dem der vom Kaufmann und Immobilienentwickler Salomon Haberland gestiftete Brunnen sprudelte, war zwischen 1906 und 1909 zusammen mit dem Südwestkorso, der „neuen Avenue“, und den Wohnbauten der Haberland'schen Terrain-Gesellschaft Berlin-Südwesten angelegt worden.
Das Bildprogramm des Brunnens war ein heiteres: Die sechs in Bronze gegossenen Figuren stellten Friedenauer und Wilmersdorfer Kinder dar, die sich gegenseitig mit Wasser bespritzen. Von den Friedenauer Kindern trug das Mädchen die Gesichtszüge der Bürgermeistertochter Erika, der Junge die des Sohnes des Gemeindebaurats. Für die Wilmersdorfer Kinder hatten Söhne und Töchter angesehener Bürger Modell gestanden, so wollte es der Friedenauer Lokal-Anzeiger erfahren haben. Der Wilmersdorfer Bürgermeister hatte keine Kinder.
Das Lokalblatt zitiert in seinem Bericht Salomon Haberland, der es eine reizende Idee des Künstlers fand, „durch scherzende, sich neckende Kinder“ sowohl das freundschaftliche Verhältnis der Gemeinden Friedenau und Wilmersdorf als auch deren Wettbewerb als Berliner Vororte darzustellen.
Platz und Brunnen wurden 1943 größtenteils zerstört (die Figuren eingeschmolzen?) und 1982 vom Renée-Sintenis-Schüler Heinz Spilker nach alten Fotos restauriert und zum Teil figürlich völlig neu gestaltet. Der Brunnen hieß jetzt Erikabrunnen nach der einstigen Friedenauer Bürgermeisterstochter. Der Platz erhielt erst 1990 einen Namen. Mit ihm verbindet man keine harmlosen unbeschwerten Kinderspiele mehr. Benannt ist er nach dem Schriftsteller und Widerstandskämpfer Adam Kuckhoff. Er wohnte laut Gedenktafel seit 1939 unweit in der Wilhelmshöher Straße 18.
Der 1887 in Aachen geborene Fabrikantensohn wurde 1931 mit dem Künstlerroman „Scherry“ bekannt. In der Weimarer Zeit hat er als Regisseur und Dramaturg gearbeitet, seit 1930 in Berlin. Als die Nazis die Macht übernahmen, blieb Kuckhoff in Deutschland. Es gelang ihm, 1937 seinen Antikriegsroman „Der Deutsche von Bayencourt“ und 1940/41 den mit kritischen Passagen gespickten Krimi „Strogany und die Vermissten“ zu veröffentlichen. Kuckhoff schloss sich der Widerstandsgruppe um Harry Schulze-Boysen (Rote Kapelle) an.
1942 wurde er während Filmaufnahmen in Prag von der Gestapo verhaftet. Am 3. Februar 1943 verurteilte ihn das Reichskriegsgericht zum Tode. Unmittelbar vor seiner Hinrichtung mit dem Handbeil am 5. August 1943 in Plötzensee schrieb er an seinen damals fünfjährigen Sohn Ule: „Mein lieber Sohn, du großes spätes/ Glück,/ So lasse ich dich vaterlos zurück?/ Ein ganzes Volk – nein, das ist viel zu/ klein,/ Das Menschenvolk wird dir dein/Vater sein!".
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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