Die Seniorendisco in der Rheinstraße ist seit vielen Jahren gut besucht
Als der Termin vereinbart wurde, hatte keiner auf dem Schirm, dass es sich um Rosenmontag handeln würde. Entsprechend waren beim Besuch die ausgelassene Stimmung und die Kostümierung der Gäste mit einem Durchschnittsalter von etwa 70 Jahren. Selbst der sonst vornehmlich mit Charme und Melone posierende und auf Seriosität bedachte Gastgeber und Diskjockey Michael Borge (68) empfing uns als Edelclown, während die Tanzpärchen übers Parkett fegten. "Das ist Tango", stellt die Bürgermeisterin gleich im Rhythmus mitgehend fest. Die Frau kennt sich offenbar nicht nur auf dem politischen Parkett bestens aus, wie kurz darauf auch Michael Borge bei einem von der Berliner Woche vermittelten Schwof mit Schöttler erfahren darf. Freilich erst nach einer pathetischen Ansprache, in der Borge dem Publikum versicherte, dass das eine absolute Premiere, nämlich "nach über vier Jahrzehnten mein erster Tanz auf meiner eigenen Veranstaltung" sei. Der Tanzpartnerin angemessen legte Borge vorher noch das Clown-Outfit ab. Und wie auf dem Hofball, wenn der Kaiser mit der Kaiserin tanzt, leerte sich die Tanzfläche vorübergehend, um das Paar aus gebührendem Abstand zu beobachten und zu applaudieren.
Vor über 40 Jahren, 1974, hatte der aus Hemmingstedt/Dithmarschen zugewanderte Michael Borge, da war er Mitte 20, die Idee, eine Diskothek mit Musik und Tanz für Senioren aufzuziehen. "Damals war eine Disco für Rentner mit lustigen Spieleinlagen etwas komplett Neues", erinnert sich der Macher, der zu dieser Zeit schon rund zehn Jahre als DJ unterwegs war und unter anderem in der berühmten Kupferkanne in Rendsburg, im Hamburger Top Ten sowie in Berlin in der Dachluke, dem Big Eden und in der legendären Badewanne Platten aufgelegt hatte. Heute ist Borge selbst im Rentenalter und seine nach mehreren Standortwechseln nun seit über 20 Jahren immer stattfindenden Seniorenpartys unter dem Motto "Kein Tag wie jeder andere" sind immer noch ein Renner.
Die feierlustigen Senioren kommen aus allen Ecken der Stadt nach Friedenau. Zum Beispiel Barbara Schmich aus Reinickendorf und Alfons Piela aus Spandau. Die ehemalige Finanzbeamtin und der einstige Müllkutscher treffen sich schon seit Jahren zur Seniorendisko, lassen kaum einen Tanz aus und sagen: "Der Montag hier gehört für uns inzwischen zum Leben und Tanzen hält jung." Kein Einzelfall. "Eine tolle Idee, tolle Stimmung und ich komme bestimmt wieder", so die Bürgermeisterin, bevor sie beschwingt in die dagegen eher dröge Tagespolitik zurück muss.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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