Zeitreise in das Berlin der 50er-Jahre
Im Cosima-Filmtheater läuft eine spezielle Filmreihe mit selten gezeigten Produktionen
Seit Kurzem zeigt das Cosima-Filmtheater, Sieglindestraße 10, an jedem ersten und dritten Montag im Monat eine Berlin-Film-Rarität. Am 6. Mai um 17.30 Uhr ist „Frühling in Berlin“ aus dem Jahr 1957 zu sehen.
Hinter dem Projekt steht der „Berlin-Film-Katalog“, gegründet vor zwölf Jahren vom Journalisten Jan Gympel. Sein Ziel ist es, eine komplette Filmdatenbank zu erstellen, für jedermann kostenlos nutzbar im Internet. Darin zu finden sind ausschließlich Filme, die erkennbar in Berlin gedreht wurden oder dort spielen – samt Stab- und Inhaltsangaben, mit Einordnungen und Kommentaren. An dem Katalog, der noch im Entstehen begriffen ist, können sich alle Interessierten unter www.berlin-film-katalog.de mit Ergänzungen und Einschätzungen beteiligen.
Zum Film: Das Besondere an „Frühling in Berlin“ ist, dass er in beiden Teilen der Stadt und in Potsdam gedreht wurde. Wie es dem West-Berliner Produzenten Kurt Ulrich gelungen war, eine Drehgenehmigung im Osten zu bekommen, ist noch nicht geklärt. Offenkundig ist, welchen Preis er dafür gezahlt hat: Die Prachtbauten der Stalinallee werden freundlich präsentiert, genauso wie die östlichen „Organe“. Und dass ein Westpolizist respektvoll von der „DDR“ spricht, wäre zu jener Zeit im wirklichen Leben kaum passiert.
Auch die Filmhandlung nimmt einen Ausnahmefall zum Ausgang: Ein Flugzeug auf dem Weg von Wien nach Kopenhagen muss einen unfreiwilligen Zwischenstopp in Tempelhof einlegen. Daraus ergeben sich für die bunte Schar der Passagiere kleine Abenteuer, die für manche sogar das Leben verändern. Besonders sticht dabei die Geschichte einer umjubelten Opernsängerin (gespielt von Marta Eggerth) hervor, die nach einem schlimmen Erlebnis nie wieder Berlin betreten wollte.
Bei den Kritikern kam der Film angesichts seiner konventionell-banalen Handlung seinerzeit nicht gut weg. Und sie bemängelten, dass er ausgiebig Fremdenverkehrswerbung betreibe. Aber genau das ist aus heutiger Sicht gerade interessant. Die Zuschauer erleben die 1950er-Jahre mit Kempinski und Kranzler, Ku'damm und Bahnhof Zoo, Resi und Waldbühne, Flughafen Tempelhof und Hansaviertel, Bahnhof Alexanderplatz und Stalinallee, die Potsdamer Garnisonkirche, das Neue Palais und Sanssouci. Das alles mit einem Aufgebot von Prominenz – von Sonja Ziemann und Walter Giller über Edith Hancke und Dietmar Schönherr bis Ralf Wolter und Wolfgang Neuss.
Der Eintritt beträgt zwischen acht und zwölf Euro. Infos unter www.cosima-filmtheater.de und der Telefonnummer 66 70 28 28.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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