Kleine Sternstunde für Friedenau
Friedenau. Ein kleine Sternstunde erlebte Friedenau am 5. Februar. Peter Hahn und Jürgen Stich waren zu Gast im Kultur-Café des Nachbarschaftshauses Friedenau.
Mitgebracht hatte das Autoren-Duo eine Auslese aus ihrem im vergangenen Sommer erschienenen Kompendium zur Geschichte der Siedlung, ihrer Architektur, ihren mehr oder weniger berühmten Bewohnern und denkwürdigen Begebenheiten. „Wir haben ganz individuelle Geschichten ausgewählt, Geschichten, die uns interessiert haben“, sagt Jürgen Stich.
Aus verlagstechnischen Gründen mussten die beiden Autoren bedauerlicherweise eine strenge Auswahl für „Friedenau. Geschichte & Geschichten“ treffen und sich deswegen auf Friedenau in seinen Grenzen von 1874 beschränken. Dabei gebe es „so viele schöne Geschichten“ zu erzählen, seufzt Peter Hahn.
Auf die sind die Autoren häufig über Kontakte zu Nachkommen gestoßen. Im Fall des italienischen Bildhauers Valentino Casal, der in der heutigen Görresstraße 16 einen Bildhauerhof unterhielt, den Kaiser Wilhelm II. „Klein-Carrara“ nannte, öffnete die Familie Casal bereitwillig ihr umfangreiches Privatarchiv.
Im Kultur-Café erzählten Stich und Hahn von so mancher Straße, die sich in der unmittelbaren Umgebung des Nachbarschaftshauses befinden, und ihre einstigen Berühmtheiten; von der Albestraße, wo im Vier-Parteien-Haus Nummer 5 der Orlok-Darsteller in Wilhelm Murnaus „Nosferatu“ (1922), Max Schreck, aufwuchs; von Friedrich Hollaender, der 1920 in der Dickhardtstraße 44 das Lied „Jonny, wenn du Geburtstag hast“ schrieb, als er auf seine Frau Blandine Ebinger wartete, die für einen Gesellschaftsabend mit dem Anziehen nicht fertig wurde.
Und natürlich von der Holsteinischen Straße selbst, die, so vermuten es Peter Hahn und Jürgen Stich, aus patriotischen Gefühlen der Friedenauer Gemeindevertreter heraus so benannt wurde. Viele Straßennamen und Orte haben Rätsel aufgegeben, was Geschichte und Ursache ihrer Benennung angeht, etwa die Peschke- und die Hedwigstraße oder der Erika-Brunnen.
Nicht überall haben sich Jürgen Stich und Peter Hahn mit ihrem Buch Freunde gemacht; insbesondere nicht bei der Bürgerinitiative Breslauer Platz. Sie kommt darin nicht gut weg. Unter ihrer Mitwirkung habe das Bezirksamt den Platz „leider zu einem quartiersfremden Aufmarschplatz umgestaltet“. „Aber“, so sagen Stich und Hahn, „wir sind Journalisten und unabhängig.“
Der Publizist Hahn und der Historiker Stich denken über eine Fortsetzung von „Friedenau“ nach. Titel: „Das gefühlte Friedenau“, der Ortsteil Tempelhof-Schönebergs in seinen heutigen Grenzen. Dann könnten sie Rosa Luxemburg als Liebesbrief-Autorin und Herta Müller als Deutschlands einzige verbliebene Literaturnobelpreisträgerin würdigen und sich näher mit der Bebauung des Güterbahnhofs Wilmersdorf beschäftigen. Das Lesepublikum wird sehnsüchtig darauf warten. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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