Gestrickte Graffiti
Social Knit Work hüllt öffentlichen Raum in weiche Wolle

Tina Kabot, Vera Bauer und Dagmar Schaeffert-Lang (dritte, vierte und fünfte von links) und weitere Strickerinnen von Social Knit Work. | Foto: KEN
  • Tina Kabot, Vera Bauer und Dagmar Schaeffert-Lang (dritte, vierte und fünfte von links) und weitere Strickerinnen von Social Knit Work.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Gut zehn Frauen sitzen im Atelier von Dagmar Schaeffert-Lang in der Stubenrauchstraße. Um sie herum türmen sich Wollknäuels in fünf Neonfarben. Plastiktüten sind prall gefüllt mit wollenen Rollen. Es wird geschwatzt und gelacht. Vor allen Dingen aber klappern die Stricknadeln.

Wir sind bei Social Knit Work. Die Gruppe strickte an diesem Tag die letzten der 1000 Strebenstücke für die Aktion „Color the Bridge“ für die Friedenauer Südwestpassage-„Kultour“ am 13. und 14. Oktober. Zu Nadeln und Wolle wird bei jeder Gelegenheit gegriffen, gemeinsam aber alle zwei Wochen seit Ende Mai bei Dagmar Schaeffert-Lang im Atelier. „Wir stricken sonst in der U-Bahn oder vor dem Fernseher“, so Schaeffert-Lang. Aufträge samt Arbeitsanleitung und Wolle sind auch vergeben worden, an Freundinnen und Nachbarn. Die Wolle finanziert ein Sponsor.

Social Knit Work nimmt wieder an der Kultour, den zwei Tagen offener Ateliers im Künstlerviertel, teil. Diesmal nähen sie gestrickte Bänder um die 900 Geländerstreben zu beiden Seiten der Friedenauer Brücke und verwandeln den tristen Zweckbau über die Autobahn 103 und zahlreiche Eisenbahngleise für ein Wochenende in ein weiches, buntes Open-Air-Museum.

„Wir machen Streetart“, sagen die Designerinnen Vera Bauer und Dagmar Schaeffert-Lang, die gemeinsam mit Tina Kabot zum „harten Kern“ der Künstlerinnengruppe gehören. Das Einstricken von Gegenständen im öffentlichen Raum entstand 2005 in den USA als Guerilla-Knitting. 2010 tauchten im Klausnerplatz-Kiez in Charlottenburg die ersten „knittings“ auf.

In dieses Jahr fällt auch der Beginn von Social Knit Work. In Friedenau umhüllten die Frauen zunächst Laternen und Fahrräder. Anders als bei manchen Gruppen in den USA steckt hinter der Strickkunst der Friedenauer Damen keine feministische Botschaft. „Wir sind eher zufällig nur Frauen“, sagt Vera Bauer. „Früher hat auch ein Mann mitgemacht“, ergänzt Dagmar Schaeffert-Lang.

Ein wenig Sucht sei im Spiel, Meditation, eine Mischung aus Arbeit und Geselligkeit. „Die Gruppe soll Spaß haben“, erklärt Dagmar Schaeffert-Lang. Die Ideen werden gemeinsam gefunden.

Mit den Jahren wurden die Projekte größer. Erst hängte Social Knit Work Wollbälle in einen Baum am Friedrich-Wilhelm-Platz, 2014 bei der Skulpturen-Triennale in Bingen dann 400 unterschiedlich große gestrickte Bälle an die Fassade eines Hauses am Rhein.

Das machte Furore. Das Haus am Waldsee für internationale Gegenwartskunst in Zehlendorf lud die Strickerinnen 2015 für ein Projekt ein. Es entstand ein 30 Meter langer „Picknickteppich“.

Die letzte Aktion vor der „Kultour“ war dann aber doch echtes Guerilla-Knitting. Im Februar zogen die Frauen los und stülpten sämtlichen Sitzbänken an Haltestellen der Busline 48 Wollenes über. Infos: https://de-de.facebook.com/SocialKnitWorkBerlin/.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.624× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 1.966× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.595× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.504× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.