"Die Hitlerei vernichtet mich erst jetzt"
Verfahren für Gedenktafel für Kurt Gudell stockt

Das Geburtsdatum ist endlich korrigiert: die Gedenktafel für Kurt Tucholsky am Haus in der Bundesallee 79. | Foto: KEN
  • Das Geburtsdatum ist endlich korrigiert: die Gedenktafel für Kurt Tucholsky am Haus in der Bundesallee 79.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Ein weiteres Mal wird sich der BVV-Ausschuss für Bibliotheken, Bildung und Kultur mit der Gedenktafel für Kurt Gudell beschäftigen müssen.

Die Angelegenheit geht mittlerweile ins fünfte Jahr. Im Dezember 2015 hatte die CDU-Fraktion erstmals den Prüfantrag an das Bezirksamt in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht, ob nicht die Anbringung einer Gedenktafel am Gebäude Potsdamer Straße 186, dem sogenannten Kathreiner-Haus, möglich sei. Dort wird übrigens das Berliner Verwaltungsgericht einziehen.

Mit der Tafel, mit der sich der Bezirk so schwer tut, soll an Kurt Gudell erinnert werden. Weil homosexuell, wurde der promovierte Wirtschaftsjurist von der NS-Strafjustiz verfolgt. Sein Doktortitel wurde ihm aberkannt. Er kam in KZ-Haft, wurde ausgebürgert und verlor sein Vermögen. 1938 emigrierte Gudell nach Polen, anschließend über Italien in die Schweiz. Auch dort wurde er 1944 ausgewiesen, laut Bericht der Petititonskommission des Schweizer Nationalrats vom 6. März 1950 angeblich aufgrund von Denunziation „politisch verdächtiger“ Schweizer und Deutscher im Land. Gudell entkam nach Österreich.

Ab 1952 lebte er wieder in Berlin – krank, verarmt und ohne Aussicht, seinen Beruf erneut ausüben zu können. Das NS-Urteil zu seiner Homosexualität galt weiterhin und Gudell als „rechtmäßig bestrafter Krimineller“. „Die Hitlerei vernichtet mich erst jetzt“, schimpfte Gudell 1952. Aufgrund der Vorstrafe war er von Entschädigungsleistungen ausgeschlossen. Gudell starb 1964.

Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement (BIM) GmbH hat der Anbringung der Tafel zugestimmt. Der entsprechende Text wurde dem Kulturausschuss vorgelegt und mit Ergänzungen beschlossen.

Das ist der Stand aus dem Sommer 2017. Warum aber ist das Verfahren zur Ehrung Kurt Gudells seither ins Stocken geraten? Die Antwort ist banal. Wieder einmal liegt es an der personellen Situation in der Verwaltung. Barbara Feller von der Pressestelle des Bezirksamts konnte dieser Tage jedoch mitteilen, dass das Personal jetzt vorhanden sei. So werde „auch diese Ehrung von Kurt Gudell zeitnah vollendet werden“.

Eine weitere gute Nachricht zu Gedenktafeln im Bezirk ist zu vermelden: Das falsche Geburtsdatum auf der Tafel von Kurt Tucholsky am Gebäude Bundesallee 79 ist gegen das richtige, den 9. Januar 1890, ausgetauscht.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 98× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 49× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 459× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.060× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.