Vor 25 Jahren starb Max Frisch. Friedenau war lange seine "Zentrale"
Friedenau. Im April vor 25 Jahren ist Max Frisch gestorben. Der Schweizer Schriftsteller lebte viele Jahre in Friedenau.
Eva Liebchen vom „Friedenau-Netzwerk“ berichtet über ihn, er habe seinen Berliner Freunden näher sein wollen, um sie häufiger zu treffen. Die Stadt kannte der Autor schon aus früheren Jahren. Wie Peter Hahn und Jürgen Stich in ihrem Buch „Friedenau. Geschichte & Geschichten“ berichten, war der 1911 in Zürich geborene Max Frisch Mitte der 30er-Jahre erstmals hier, danach 1947 und 1948. „1950 besuchte er Bert Brecht und das Berliner Ensemble. Ein Jahr vor Brechts Tod sitzt Frisch in dessen Wohnung an der Chausseestraße“, ist bei den Autoren zu lesen. Wo er unter anderem Günter Grass und Uwe Johnson kennenlernt und mit ihnen Freundschaft schließt; auch sie waren zeitweilige Friedenau-Bewohner.
1972 kauft Max Frisch, ein studierter Architekt, der in den 50er-Jahren freier Schriftsteller geworden war, eine Wohnung in der Sarrazinstraße 8. Es ist sein neuer Hauptwohnsitz, seine „Zentrale“. Dort zieht er Anfang 1973 mit seiner zweiten Frau, der nur halb so alten Marianne Oellers, ein. Ihre Ehe mit Frisch wurde nach einer Dekade geschieden. Sie lebt noch immer in der Sarrazinstraße.
Vor zwei Jahren hat der Suhrkamp-Verlag Auszüge aus dem Tagebuch veröffentlicht, das Max Frisch in Friedenau geführt hat. Über sein „Berliner Journal“ hat der Autor von „Homo Faber“ und „Mein Name sei Gantenbein“ selbst eine Sperrfrist verhängt. Wegen der „privaten Sachen“ durfte es erst 20 Jahre nach seinem Tod gelesen werden.
Viele Betrachtungen aus dem Friedenauer Alltag sind darin enthalten. Das Tagebuch beginnt 1973. „6.2. Übernahme der Wohnung (Sarrazin Strasse 8) und Abend bei Grass. Nieren.“ Am 7. Februar heißt es: „Anna Grass leiht uns zwei Betten, wir wohnen noch nicht. Lieferfristen. Ein Arbeitstisch, von Uwe Johnson vorbestellt, ist da, dazu die erste Lampe. Die technischen Einrichtungen (Kühlschrank, Licht und Spiegel im Bad, Türschlösser usw.) sind im Anzug. Kein Telefon. M. findet einen schönen Tisch antik, ferner Gläser und etwas Geschirr. Noch kein Warmwasser. Der erste Stuhl. Jeder Schritt, jede Stimme hallt in den leeren weissen Räumen.Was braucht man. Kein Mangel an Geld, im Gegenteil.“ Und drei Tage später: „Erste Einkäufe auf dem Wochenmarkt, der in Zukunft unser Markt sein soll, Breslauer Platz, eingeführt durch Günter Grass; Fischkunde.“
Und dann noch am 13. Februar: „Fernseh-Gerät als einziges Möbel in einem leeren weissen Zimmer. (…) Unsere Wohnung liegt in der Flugschneise zu Tempelhof, was ich aber gewusst habe; sie kommen von Westen und starten nach Westen. Dazwischen Stille, Friedenau, viele Rentner. Das schrille Dröhnen ist weniger störend als aufregend.“ KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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