Staatssekretärin Sawsan Chebli will mehr Bürgerbeteiligung und mehr Anerkennung von Engagement

Sawsan Chebli ist Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement beim Regierenden Bürgermeister.  | Foto: Sharon Back
  • Sawsan Chebli ist Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement beim Regierenden Bürgermeister.

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Berlin. Sawsan Chebli ist Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. Im Interview mit Stefanie Roloff sprach sie über ihre Aufgaben, mehr Bürgerbeteiligung und die Förderung des Ehrenamts.

Frau Chebli, was sind Ihre Aufgaben als Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement?

Sawsan Chebli: Ich sehe meine Aufgabe darin, die Bedingungen für das Engagement der vielen Freiwilligen in unserer Stadt zu verbessern. Was sie in der Jugendarbeit, für die Nachbarschaft im Quartier, in Feuerwehr und Rettungsdiensten, im Umweltschutz, für die Kultur und in der Flüchtlingshilfe leisten, ist von unschätzbarem Wert. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir Menschen, die nicht nur an sich selbst denken, sondern Verantwortung für die gesamte Gesellschaft übernehmen. Ihnen möchte ich Rückendeckung geben, sie stärken und ihnen zeigen, wie sehr sie gebraucht werden. Sie sind es, die unsere Demokratie tragen.

Was wollen Sie anders machen als Ihre Vorgängerinnen?

Sawsan Chebli: Ich bin dankbar, dass ich an die sehr anerkannte Arbeit meiner Vorgängerinnen anknüpfen kann. Eine Reihe von guten Traditionen werde ich fortführen. Dazu gehört die Ausrichtung der Freiwilligenbörse im Roten Rathaus, wo sich tolle soziale Projekte vorstellen und zum Mitmachen einladen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit engagierten Stiftungen und die Ausrichtung des Stiftungstages sowie auf die Vergabe des Unternehmenspreises „Engagiert in Berlin“. Und auch weiterhin werde ich den Stolperstein-Initiativen eine Plattform im Rathaus bieten.

Ein wichtiges Thema für die Zukunft sehe ich persönlich darin, Bürgerbeteiligung für weitere Zielgruppen zu öffnen. Demokratie muss für alle erlebbar sein, auch für diejenigen, die neu zu uns gekommen sind, diejenigen, die keine Stimme haben, die die sich von der Politik nicht angesprochen fühlen, abgehängt und verunsichert sind durch das, was in Berlin und deutschlandweit geschieht.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Sawsan Chebli: Seit meinem Amtsantritt treffe ich viele Initiativen in der ganzen Stadt und höre den Aktiven erst einmal zu. In den Gesprächen wurde mir klar: Für sehr viele ehrenamtlich Tätige und diejenigen, die es werden wollen, kommt es auf verlässliche Anlaufstellen in ihren Wohngebieten und Kiezen an, wie zum Beispiel Stadtteilzentren und Freiwilligenagenturen.

Was wollen Sie vornehmlich anpacken?

Sawsan Chebli: Wie gesagt: Ich bin schon mitten in der Arbeit. Ein Beispiel: Zusammen mit meinem Brandenburger Kollegen werbe ich gerade um neue Partner für die gemeinsame Ehrenamtskarte. Es geht um Einrichtungen in der Hauptstadtregion, die Ehrenamtlern Preisnachlässe oder andere Vergünstigungen als Zeichen der Anerkennung für ihr Engagement gewähren. Da ist schon ein schönes Netzwerk entstanden. Jetzt laden wir dazu ein, dass noch mehr Unternehmen und Einrichtungen mitmachen. Zudem planen wir eine Kampagne, bei der es darum geht, Geflüchtete zu porträtieren und ihr Engagement für Deutschland ans Licht zu bringen. Denn viele wollen Deutschland etwas zurückgeben. Auf diese Weise erhoffen wir uns auch, jenen Teil in der Gesellschaft zu erreichen, der ein negatives Bild von Flüchtlingen hat.

Welche neuen Formen der Bürgerbeteiligung soll es geben?

Sawsan Chebli: Auch bei diesem Thema fangen wir nicht bei Null an. Die Bürgerbeteiligung hat in Berlin eine lange Tradition und bildet schon ein gutes Stück gelebte Demokratie in unserer Stadt. So gibt es viele Beteiligungsverfahren im Bereich der Stadtentwicklung und des Bauens. Bürgerinnen und Bürger entscheiden über die Verwendung des Quartiersfonds. Es gibt Bürgerhaushalte in einzelnen Bezirken. Auf „mein.berlin.de“ kann man an vielen Beteiligungsverfahren mitwirken. Aber es gibt große soziale Unterschiede bei der Wahrnehmung der Beteiligungsmöglichkeiten. Bürgerbeteiligung darf kein „closed shop“, kein Eliteprojekt sein!

Welche neuen Formen der Kommunikation des Senats mit den Bürgern soll es geben?

Sawsan Chebli: Dazu bedarf es zunächst eines Austausches über die bereits existierenden Formate: Was gibt es und wo gibt es Bedarf? Diesen Dialog führen wir bereits in den Senatsverwaltungen und Bezirken. Wir werden im zweiten Schritt Abgeordnete, Vertreter der Zivilgesellschaft und die jeweiligen Engagierten zusammenbringen und über die Erfahrungen und natürlich über die an uns gestellten Ansprüche und Forderungen diskutieren.

Wie soll Online-Partizipation funktionieren?

Sawsan Chebli: Schon heute bietet „mein.berlin.de“ als Partizipationsplattform eine Menge Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, sich über Beteiligungsverfahren zu informieren und einzuschalten. Aber wichtig ist auch, dass wir uns immer wieder fragen: Wie sind die praktischen Erfahrungen? Was kann und muss verbessert werden? Die online-Beteiligung wird nur ein Baustein im Rahmen der Bürgerbeteiligung sein können. Den unmittelbaren Austausch der Argumente und die persönliche Begegnung halte ich für unverzichtbar.

Was bedeutet Förderung des ehrenamtlichen Engagements in Nachbarschaften?

Sawsan Chebli: Die Nachbarschaft ist einer der wichtigsten Orte für bürgerschaftliches Engagement. Umso wichtiger ist es, dass diejenigen, die sich engagieren möchten, ohne großen Aufwand im eigenen Kiez Angebote und Informationen finden können. In Berlin gibt es in vielen Quartieren Stadtteilzentren und Freiwilligenagenturen. Diese leisten einen unglaublich unverzichtbaren Beitrag für das Zusammenleben in unserer Stadt. Deshalb hat sich der Senat auch vorgenommen, diese Angebote weiter auszubauen.

Autor:

Stefanie Roloff aus Friedenau

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