Friedenauer Verlag lädt zu einer Zeitreise entlang der Rheinstraße ein
Bilder und Texte erzählen unterschiedliche Geschichten. Oder zumindest: gleiche Geschichten auf unterschiedliche Art und Weise. Hermann Ebling und Evelyn Weissberg, die den Verlag betreiben, haben die beiden Vermittlungsformen deshalb konsequent voneinander getrennt.
Ihr neuestes Buch sind so gesehen zwei Bücher: Je nachdem, wie man es hält, zeigt es auf der einen Seite das Cover von "Friedenau erzählt. 1945 - 1963" und auf der anderen Seite einen Umschlagdeckel mit dem Titel "Entlang der Rheinstraße. 1945-1963." Nach dem Aufschlagen findet der Leser auf der einen Seite eine Textsammlung von teils bekannten, teils unbekannten Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen und Erinnerungen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit in Friedenau berichten. Auf der anderen Seite tut sich eine beeindruckende Bildersammlung auf, die einer fotografischen Zeitreise entlang der Rheinstraße gleichkommt. Beide Teile erzählen die gleiche Geschichte, beide sprechen dennoch für sich - und können ihre Wirkung damit unabhängig voneinander entfalten.
Im Zusammenspiel der beiden Teile ergibt sich ein berührender Eindruck von den ersten Jahren nach dem Krieg. Vor allem die Texte, in denen Zeitzeugen von ihren Erlebnissen berichten, machen das Ausmaß des persönlichen Elends in den ersten Nachkriegsjahren deutlich. Ebling und Weissberg haben Erinnerungen von Persönlichkeiten wie der Schriftstellerin Ingeborg Drewitz (1923-86), der Sängerin und Schauspielerin Hildegard Knef (1925-2002) oder Theaterkritiker Friedrich Luft (1911-1990) zusammengetragen sowie zeitgenössische Texte, beispielsweise aus Lokalzeitungen. Extra für das Buch haben auch Personen ihre Erinnerungen an die Zeit nach dem Krieg bis zum Besuch Kennedys im Jahr 1963 festgehalten.
Aus dem gleichen Zeitraum sind die Fotos aus dem Bilderteil. Der leidenschaftliche Sammler Ebling hat sie auf Flohmärkten, in Archiven und im Gespräch mit Zeitzeugen über Jahre hinweg zusammengetragen. In einer solchen Dichte sind Bilder aus dieser Zeit in Friedenau noch nicht zu sehen gewesen. Auch, weil die Menschen damals, so Weissberg, "weiß Gott Dringlicheres im Sinn hatten, als mit der Kamera durch die Straßen zu gehen."
Dass es doch einige getan haben, macht die Zeitreise entlang der Rheinstraße jetzt möglich. Dass jeder sie unternehmen kann, ist das Verdienst des neuesten Buchs der "edition Friedenauer Brücke".
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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