Neue Gentrifizierungswelle in Friedenau?
Bisher erhobene Daten deuten nicht daraufhin / Bezirksamt prüft erneute Untersuchung
Droht in Friedenau eine Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung? Sind Anwohner von Gentrifizierung bedroht? Zahlreiche Mieter wollen das unabhängig voneinander so wahrnehmen.
Auf eine mündliche Anfrage der Linken-Verordneten Christine Scherzinger hat Stadtentwicklungsstadtrat Jörn Oltmann (Grüne) jetzt Zahlen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgelegt. Ganz frisch sind sie nicht. Für 2019 liegen noch keine vor. Eigene Daten kann das Bezirksamt nicht erheben.
In der Bezirksregion Friedenau mit dem Ortsteil Friedenau, den Ceciliengärten und dem Quartier Grazer Platz wurden 2017 imsgesamt 134 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. Im darauffolgenden Jahr waren es 202 Wohnungen. 2017 sind es im Einzelnen im Ortsteil Friedenau 69 Wohnungen und 2018 108 Wohnungen, eine Zunahme um 56 Prozent.
In den Ceciliengärten stieg die Zahl der Umwandlungen in diesem Zeitraum mäßig von 43 auf 48 Wohnungen, im Quartier Grazer Platz von 22 auf 46 Wohnungen.
Die Linken-Fraktion in der BVV vermutet für 2019 eine Steigerung bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Friedenau. Verordnete Christine Scherzinger will zuletzt von einer Umwandlung in der Bennigsenstraße 5 erfahren haben. Dem Bezirksamt ist nach den Worten Jörn Oltmanns davon nichts bekannt. „Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung wurde bislang nicht erteilt und auch nicht beantragt“, so der Stadtrat. Die höchste Quote an Umwandlungen wurde vor über zehn Jahren erreicht: 2009 waren in Friedenau 843 Wohnungen betroffen. Seither schwankten die Zahlen stark, sagt Stadtrat Oltmann und sie gingen eher zurück. 2010 waren es in der Bezirksregion Friedenau 20 Umwandlungen, 2011 rund 80, 2012 dann unversehens 231, 2013 nur 173 und 2014 nur 126. Im Jahr 2015 gab es erneut eine beträchtliche Steigerung auf 284 Fälle. 2016 waren es 208.
Selbst wenn es einen erhöhten Verdrängungsdruck und eine größere Verdrängungsgefahr in Friedenau gäbe, hat der Bezirk keine Möglichkeit, dem zu begegnen. Theoretisch wäre eine Milieuschutzverordnung ein geeignetes Instrument. Doch Voruntersuchungen in den Jahren 2012 und 2013 sowie 2016 und 2017 in ganz Tempelhof-Schöneberg haben für Friedenau keine Anhaltspunkte für eine Gentrifizierung geliefert.
Jörn Oltmann bestreitet nicht, dass die Entwicklung der vergangenen Jahre inzwischen wieder Anlass gibt, eine Verdrängung zu vermuten. Daher prüft das Bezirksamt gerade, inwieweit sogenannte vertiefende Untersuchungen hier notwendig werden.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.