Teure Miete abgeschafft
Alteingesessener Glaser profitiert von Stiftungsmodell
Am 6. April sind in Berlin Zehntausende gegen den „Mietenwahnsinn“ auf die Straße gegangen.
Gleichzeitig hat die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ begonnen, Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln, dessen Ziel die Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen ist. Zwei Tage später hat Hamid Djadda in Friedenau seine Kampagne „Teure Mieten abschaffen“ gestartet. Der aus Persien stammende Unternehmer setzt statt auf Enteignung auf ein Stiftungsmodell, mit dem er der Gentrifizierung den Kampf ansagt.
Der Friedenauer Glaser Hans-Jürgen Arnsmann muss sich fühlen, als habe er im Lotto gewonnen oder sei im Lande Scheherazades aufgewacht. „Ich bin völlig begeistert. Ich konnte es nicht glauben.“
Der Reihe nach: Arnsmann, der seit 40 Jahren sein Geschäft in der Albestraße 19 führt, stand kurz davor, seine Existenz zu verlieren, nachdem die Gewerbeimmobilie verkauft werden sollte. Der 75-Jährige suchte ein Jahr lang vergeblich nach anderen Räumen. Die Mieten waren einfach zu teuer. „Ich liebe meinen Beruf. Ich habe kein Lust aufzuhören“, sagt er. Und keine Lust, in den Zwangsruhestand zu treten.
Hamid Djadda, der im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland kam, wurde auf den Fall Arnsmann aufmerksam. Was tat er? Djadda, der in San Francisco Wirtschaft studierte, 22 Jahre in Thailand eine Bleikristallglasproduktion mit 200 Mitarbeitern leitete, seit sieben Jahren in Berlin lebt und hier die „Berliner Blechschild-Manufaktur“ vor dem Aus bewahrte, in Neukölln die Marzipan-Firma Ohde betreibt und die Avus-Tribüne gekauft hat, erwarb kurzerhand die Friedenauer Immobilie. Hans-Jürgen Arnsmann sicherte der Unternehmer Hamid Djadda per Vertrag ein lebenslanges Mietrecht in der Albestraße zu, ohne Mieterhöhung abgesehen vom Inflationsausgleich. „Aber dafür kann Herr Arnsmann ja seine Preise erhöhen“, meint Hamid Djadda.
Die Werkstatt Hans-Jürgen Arnsmanns gehört jetzt einer Stiftung Djaddas. Diese sei gemeinnützig. „Sie muss keinen Gewinn machen“, so Hamid Djadda. Ein großzügiger Gönner habe ein zinsloses Darlehen für den Kauf der Gewerbeimmobilie gewährt. „Es gibt Gönner, die etwas Gemeinnütziges tun wollen“, weiß der Unternehmer, der mit diesem Konzept Menschen in Wohnungsnöten und im Verschwinden begriffenen kleinen Läden und Handwerksbetrieben helfen möchte.
Darlehen für derartige Aufkäufe zu vergeben, stünde auch dem Land Berlin gut zu Gesicht, meint der Deutsch-Iraner. Das sei jedenfalls besser, als bis zu 40 Milliarden Euro für Entschädigungen enteigneter Wohnungsunternehmen hinzublättern. Parallel zur Kampagne hat Hamid Djadda den Verein „Erste Sahne“ gegründet. Er soll die Finanzmittel für private, gemeinnützige Stiftungen beschaffen, damit diese Immobilien kaufen können, in denen (Gewerbe-) Mieter von Verdrängung bedroht sind.
Und Hamid Djadda hat ein Buch geschrieben („Teure Mieten abschaffen“), in dem er die Ursachen der Mietpreissteigerungen beleuchtet und seinen Lösungsansatz erklärt. Es soll Anfang Mai erscheinen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.