Traditionsgeschäft schließt nach fast 40 Jahren

Nach 39 Jahren ist in der Cranachstraße Schluss mit den kleinen Eisenbahnen. | Foto: KEN
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  • Nach 39 Jahren ist in der Cranachstraße Schluss mit den kleinen Eisenbahnen.
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Friedenau. Eine Institution geht. Am 30. April schließt das Traditionsgeschäft Vogelbusch Eisenbahnen.

Dienstagvormittag, kurz nach 11 Uhr. Hinter dem Ladentisch steht eine kleine Frau. Sie lächelt verschmitzt. Kunden drängen sich zwischen den Holzregalen, die mit lauter bunten Schächtelchen angefüllt sind, darin Waggons, Loks, Schienen und was man noch für eine Modelleisenbahn braucht.

Im Geschäft in der Cranachstraße 9 ist Betrieb, soviel wie in den letzten fünf Jahren wohl selten. "Am 30. April ist Schluss", sagt Inhaberin Christine Vogelbusch. Und dass die Geschäftsaufgabe nicht an der Miete liege. "Wir hätten noch gut fünf Jahre weitermachen können." Sie habe einfach zu wenig Umsatz, um die anfallenden Kosten insgesamt zu decken.

Ein Kunde sucht aus einem durchsichtigen Plastikbehälter winzigkleine Kupplungen und Räder heraus. "80 Cent kostet das Stück. 30 Prozent Rabatt gehen noch weg", sagt Christine Vogelbusch. "Was würde der ganze Inhalt kosten?", fragt der Kunde zurück.

Horst Grimmel ist Christine Vogelbuschs Mitarbeiter. "Horst ist von Anfang an dabei. Er hat die meiste Ahnung von Modellbahnen." Der eigentliche Anfang: Das war 1975. Schon einige Jahre zuvor, 1969, waren Christine Vogelbusch und ihr Mann Volker aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin gezogen. Volker Vogelbusch war ein begeisterter Radfahrer, sammelte Fahrräder, reparierte sie und bot sie im "Berliner Extra Dienst", einer Studentenzeitung, zum Verkauf an. Später gründeten sie "Tines Trödel Treff" in der Cranachstraße 43 und handelten auch mit Möbeln und Fotoapparaten, bevor sie sich auf den An- und Verkauf von Modelleisenbahnen konzentrierten. Es war die Hochzeit des Berliner Sperrmülls. "Ein richtiges Happening", erinnert sich Christine Vogelbusch.

Der Straße sind sie treu geblieben. Nur die Ladengeschäfte haben sie gewechselt. Horst Grimmel stieß 1984 zu den beiden. "Wir hatten Glück, die Sache lief", erzählt Christine Vogelbusch. Neuware sei hinzugekommen. "Wir hatten jeden Tag offen, auch im Krankheitsfall. Einer von uns ist immer aufgekreuzt."

Dann habe das Internet-Zeitalter begonnen. Christine Vogelbusch baute einen Online-Shop auf. "Wir haben Kunden in Frankreich, Italien, in Moskau und in China", so Horst Grimmel. Aber eben zu wenige. "Ebay macht den Fachhändler überflüssig", sagt Christine Vogelbusch. Die Sammler würden älter, und sie hätten schon alles. Kinder und Jugendliche interessierten sich nicht mehr für das Hobby, das früher ihre Väter und Großväter begeistert habe. Schließlich sei es auch nicht gerade billig. "Der Verbraucher hat immer weniger in der Tasche", glaubt Christine Vogelbusch. Er spare an Hobbys. Und schließlich gebe es noch die großen Modelleisenbahn-Läden, die Rabatt im zweistelligen Bereich geben könnten. "Das entspricht oft unserem Einkaufspreis. Da können wir nicht mithalten."

So geht nach 39 Jahren in der Cranachstraße eine Geschäftsära zu Ende. Christine Vogelbusch ist nicht traurig. Aber Wehmut packt sie. "Wir haben die gute Zeit noch mitbekommen."

Karen Noetzel / KEN
Nach 39 Jahren ist in der Cranachstraße Schluss mit den kleinen Eisenbahnen. | Foto: KEN
Sie hätten gerne noch fünf oder sechs Jahre weiter gemacht, Christine Vogelbusch und ihr Mitarbeiter Horst Grimmel. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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