Wohnen über dem Discounter: Aldi Nord baut ein Kombi-Objekt in der Sewanstraße
Wohnen überm Aldi-Markt – in der Sewanstraße soll es bald so weit sein. Der Discounter hat angekündigt, in ganz Berlin Wohnungen zu bauen, zwei Pilotprojekte in Lichtenberg und Neukölln sind nur der Anfang.
Die Hauptstadt wächst und wächst. Demografen rechnen damit, dass Berlins Einwohnerzahl bis zum Jahr 2030 um rund 300 000 steigt. Bezahlbare Mietwohnungen entstehen längst nicht in gleichem Maße, sondern sind schon heute knapp - eine Tatsache, auf die der Discounter Aldi Nord reagieren will. Der Lebensmittelhändler plant, an mindestens 30 Standorten in Berlin „gemischt genutzte Immobilien“ zu bauen, also Aldi-Märkte und Wohnhäuser in einem. Mehr als 2000 Wohnungen sollen entstehen.
„Die Situation in Berlin betrifft uns in zweierlei Hinsicht“, sagt Jörg Michalek, Geschäftsführer der Aldi-Immobilienverwaltung. „Je höher das Bevölkerungswachstum, desto größer ist auch der Bedarf an unseren Märkten. Wir wollen weiterhin als Nahversorger vor Ort sein. Dafür müssen wir expandieren.“ Hinzu kommen umfangreiche Modernisierungen, die der Discounter für sein gesamtes Filialnetz plant. Nach dem sogenannten Aldi Nord Instore Konzept (ANIKo) sollen vor allem große Filialen mit bis zu 1400 Quadratmetern Fläche entstehen – und mit viel Raum über den in der Regel flach gebauten Einkaufshallen. Die Kombination von Markt und angeschlossenem Wohnraum sei deshalb eine konsequente Lösung, so Michalek.
„Leuchtturmprojekte“ nennt das Unternehmen zwei seiner Vorhaben, die es schon in Kürze umsetzen will: 200 Wohnungen sollen zunächst an der Neuköllner Silbersteinstraße und an der Sewanstraße in Friedrichsfelde entstehen. Für weitere 15 Standorte befänden sich kombinierte Markt- und Wohnungsbauten in konkreter Planung, teilt das Unternehmen mit.
An der Sewanstraße 259 ersetzt das Neubauprojekt den Aldi Markt, der dort 2003 eröffnet wurde. Das 800 Quadratmeter große Gebäude wird abgerissen, der Markt-Neubau hat im Erdgeschoss eine Fläche von 1200 Quadratmetern; circa 130 Wohnungen entstehen in den Etagen darüber. Eine Erweiterung oder Aufstockung des bestehenden Marktes sei aus statischen Gründen nicht möglich, teilt der Discounter mit. Details zur Wohnungsausstattung wollte Aldi Nord noch nicht preisgeben. Die Fertigstellung sei für Ende 2019, Anfang 2020 geplant. „Wir statten unsere Objekte freiwillig zu einem Drittel mit Sozialwohnungen aus“, schreibt das Unternehmen auf Anfrage der Berliner Woche. Die restlichen Flächen würden zu Mietpreisen von maximal zehn Euro pro Quadratmeter angeboten. Der Fokus solle auf bezahlbarem Wohnraum liegen.
Bei seinen Wohnungsbauprojekten setzt Aldi Nord auf eine enge Kooperation mit den Bezirken und dem Senat. „Mit unseren Leuchtturmprojekten wollen wir den Startschuss für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Stadt Berlin und insbesondere den Stadtbezirken setzen“, sagt Jörg Michalek. „Wir möchten aktiv bei der Nachverdichtung und beim ökologischen Stadtumbau helfen.“ Aldi-Märkte in Kombination mit Wohnraum würden nicht nur einen Vorteil für das Unternehmen und dessen Kunden bringen, sondern „einen Mehrwert für ganz Berlin“.
Die Lichtenberger Stadträtin für Stadtentwicklung Birgit Monteiro (SPD) findet die Pläne des Lebensmittelhändlers für die Sewanstraße grundsätzlich gut. „Mir gefällt dieses Bauvorhaben, da an dieser Stelle eine bereits versiegelte Fläche für ein Wohnbauvorhaben genutzt wird“, sagt sie. „ Das ist besser, als wenn durch einen Neubau Grünflächen vernichtet werden. Auch der hohe Anteil an vergünstigtem Wohnraum ist ein Gewinn für die Stadt, da somit der Mietspiegel niedrig gehalten und auch der dringend gebrauchte Wohnraum für Normalverdiener geschaffen wird.“
Dass es so zügig geht, wie Aldi Nord vorhat, sieht die Stadträtin allerdings nicht. Weil geplant ist, die Verkaufsfläche zu erweitern, genüge keine einfache Baugenehmigung. „Wir müssen einen Bebauungsplan festsetzen. Das wird einige Zeit brauchen, weswegen nicht vor Ende 2019 mit einem Baubeginn zu rechnen ist. Vorher ist dafür auch eine Zustimmung der Bezirksverordnetenversammlung notwendig.“
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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