Von Bierdeckeln aus aller Welt fasziniert
Eine jung begonnene Leidenschaft brachte bisher rund 66 000 Stück
Als die Berliner Woche unter der Überschrift „Von Bierdeckel bis Briefmarke“ bat, dass sich Sammler melden sollten, fühlte er sich sofort angesprochen. Als einer der ersten meldete sich der "Berliner Deckel".
Im Gespräch bittet der Mann, der unter diesem Pseudonym in der Sammlerszene bekannt ist, auch nur so genannt zu werden. Das hat mehrere Gründe. Der fast 70-jährige Lichtenberger ist in seinem Kiez vielen bekannt. Von seiner Sammelleidenschaft wissen aber nur einige Eingeweihte. Und das soll auch so bleiben. Er sammelt nämlich tatsächlich Bierdeckel. Insgesamt rund 66 000 Stück aus aller Welt nennt er inzwischen sein Eigen.
Und viele haben im Laufe der Jahre eine ungeahnte Wertsteigerung erfahren. Für manche Raritäten legen Sammler einige Hundert Euro auf den Tisch. Deshalb locken solche Sammlungen auch zwielichtige Gestalten an. So wurde einem Sammlerfreund bei einem Kellereinbruch die gesamte Sammlung gestohlen. Kein Wunder also, dass der Mann aus Friedrichsfelde anonym bleiben möchte.
Mit dem Sammeln begann der "Berliner Deckel" in den 1970er-Jahre. „Da musste man sich aber mit der Budikerin gut stellen. Die hat nur guten Gästen einen Bierdeckel unter das Glas gelegt. Und sie musste auch einverstanden sein, dass man ihn mitnimmt.“ In der DDR waren die Bierdeckel keine Massenwaren. Sie wurden aus Verbundstoffen hergestellt, mit denen man sparsam umging. Und so viele unterschiedliche Motive gab es auch nicht. Die Sammlung wuchs trotzdem stetig, weil der Union-Fan zu Auswärtsspielen mitreiste. „So kam ich auch an regionale Bierdeckel aus anderen Orten.“ Etwa 350 hatte er gesammelt, als sein Interesse daran nachließ.
Doch dann gab es 1994 einen Einschnitt in seinem Leben. Er erkrankte schwer, galt fortan als Schwerbeschädigt und konnte nicht mehr als Gießereischlosser arbeiten. „Mehr um mir die Zeit tot zu schlagen und beschäftigt zu sein, begann ich wieder, Bierdeckel zu sammeln“, berichtet der Friedrichsfelder. Und er beschäftigte sich auch intensiv mit der Geschichte. Als Erfinder des Bierdeckels gilt Robert Ludwig Sputh (1843-1913) aus Dresden. Der sächsische Unternehmer ließ sich den Bierdeckel durch das Patent mit der Nummer 68499 vom 25. Oktober 1892 schützen. „Bierdeckel wurden damals vor allem aus Holz gefertigt“, berichtet der Sammler.
Heute werden sie fast in aller Welt genutzt, überall dort, wo Bier hergestellt und getrunken wird. Aus etwa 60 Ländern hat der "Berliner Decker" seine Sammlerstücke, von Belgien bis Australien, von Tschechien bis zu den USA. Faszinierend seien vor allem die Motivvielfalt und die Vielfalt der Formen. Neben runden und quadratischen Bierdecken gibt es achteckige, Deckel in Form eines Hauses oder einer Schneeflocke oder auch in den Umrissen eines ganzen Landes. Von manchen Deckeln, wie denen zur 750-Jahr-Feier von Berlin, gibt es ganze Serien. Stolz ist der Sammler auf alte Deckel, zum Beispiel vom Stralauer Fischzug 1936. Und besonders begehrt sind sogenannte Fehldrucke.
Wie behält man bei 66 000 Stück den Überblick. „Ich scanne alle Bierdeckel. Dann sortiere ich sie nach einer speziellen Systematik. So habe ich immer einen Überblick und weiß auch, welche Deckel ich mehrfach habe. Die kann ich dann tauschen“, berichtet der Sammler und gesteht: „Ich dachte anfangs ehrlich gesagt nicht, dass das so arbeitsintensiv ist.“ Die Deckel selbst lagert er übrigens in Kisten.
An Stücke, die er noch nicht in seiner Sammlung hat, kommt der "Berliner Deckel" auf unterschiedliche Weise. „Ich bin zum einen auf Trödelmärken in der Stadt unterwegs. Zum anderen habe ich Kontakt zu Sammlerfreunden in anderen Ländern. Wir tauschen uns zu unserem Hobby aus und tauschen natürlich auch Deckel.“
Für eingefleischte Sammler gibt es die Website www.bierdeckelsammler.net.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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