Weit mehr als nur ein Computerclub
Beim DSCC kann man auch wandern, Schach und Skat spielen oder Sprachen lernen
Es ist Dienstag 11 Uhr. Während in den Räumen anderer Clubs noch Ruhe herrscht, ist auf der DSCC-Etage bereits reger Betrieb.
Man begrüßt sich, schwatzt miteinander, trinkt einen Café und vor allem sitzen die Clubmitglieder an Computern. Sie lernen hier den Umgang mit Anwenderprogrammen kennen oder fachsimpeln, tauschen sich zum Thema Videoschnitt aus, geben sich Tipps zur digitalen Fotobearbeitung, gestalten Fotobücher, schreiben Texte und vieles andere mehr. Hinter den vier Großbuchstaben DSCC verbirgt sich der Deutsche Senioren-Computer-Club. Damit klärt sich auf, warum bereits am Vormittag so reger Betrieb ist. Zu dieser Zeit können die Clubmitglieder, von denen die meisten bereits die 60 Jahre überschritten haben, konzentriert ihrer Leidenschaft nachgehen. Als Rentner haben sie die Zeit dafür. Und für ihre Hobbys steht ihnen im schmuck sanierten, zu DDR-Zeiten erbauten Seniorenheim an der Einbecker Straße 85 die ganze fünfte Etage zur Verfügung.
Die Geschichte dieses Clubs, der heute rund 450 Mitglieder hat, begann bescheiden. Als Mitte der 1990er-Jahre die Entwicklung der Computer rasant Fahrt aufnahm und vermehrt PCs in heimische Wohnzimmer kamen, hatten ein paar Lichtenberger Senioren die Befürchtung, dass sie mit der Entwicklung nicht mehr mitkommen. „Sie sagten sich: Wir müssen uns selber helfen, sonst ist der Zug ohne uns abgefahren“, berichtet Stephan Streicher, der seit einem Jahr Präsident des DSCC Berlin ist. Deshalb trafen sich 1997 im Wohngebiet am Tierpark zunächst acht Leute in der Wohnung von Erich Miller, um sich auf den neuesten Stand zu bringen, was Computertechnik und Software betrifft.
Schon zwei Jahre später konnten die Gründer mit stetig wachsender Mitgliederzahl zunächst einen, dann zwei und schließlich sechs Räume im Seniorenheim an der Einbecker Straße beziehen. „2006 bekamen wir dann die ganze Etage“, berichtet Stephan Streicher. Das sind immerhin 960 Quadratmeter Nutzfläche. Dafür sind seine Mitglieder ihrem Vermieter, dem Verbund Lichtenberger Seniorenheime, besonders dessen Geschäftsführer Michael Siegert, dankbar. Ihr Vermieter ermöglicht ihnen bis heute günstige Nutzungsbedingungen.
Über 100 Mitglieder des Clubs beteiligten sich 2006 an der Renovierung und Einrichtung der DSCC-Etage. „Jedes Hobby bekam seinen eigenen Raum“, sagt Stephan Streicher. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um Hobbys, für die Computer nötig sind. Es gibt auch Interessen- beziehungsweise Arbeitsgruppen, in denen gesungen wird, die sich mit Kunsthandwerk beschäftigen, in denen Schach und Skat gespielt wird, die wandern und gemeinsam unterwegs sind. Auch Englisch-, Spanisch- und Französisch-Sprachgruppen treffen sich unter dem Dach des DSCC.
Zu den 26 Gruppen gehören auch jene, die sich mit digitaler Foto-, Video- und Soundtechnik oder mit Flugsimulation befassen. Und sogar eine Zeitungsredaktion hat der Club. Diese gibt jeden Monat den „Grauen Computer-Freak“ heraus, der online für Clubmitglieder auf www.grauer-computer-freak.de zu finden ist. Allen, die Probleme mit digitalen Geräten oder Anwenderprogrammen haben, stehen regelmäßig Clubmitglieder für Konsultationen zur Verfügung. Wer noch unerfahren im Umgang mit digitaler Technik ist, der kann dreimal im Jahr stattfindende Computerkurse für Einsteiger besuchen. „Das wir so ein vielseitiges Clubleben haben und uns nicht nur auf Computer konzentrieren, hat seinen Grund“, sagt Stephan Streicher. „Wir möchten der Vereinsamung älterer Menschen vorbeugen.“
Weil alles in angenehmer Atmosphäre stattfinden soll, nutzten DSCC-Mitglieder die Zeiten der Pandemie für Renovierungsarbeiten. „Im ersten Corona-Jahr gestalteten wir nach 15 Jahren erstmals wieder unseren großen Veranstaltungsraum um. Das fand sogar mit wissenschaftlicher Farbberatung statt“, berichtet der DSCC-Präsident. Danach folgten Versammlungsraum, Küche, und der komplette Flur.
„Wir möchten, dass alle, die auf unsere Etage kommen, gleich einen guten Eindruck von uns haben“, sagt Stephan Streicher und lächelt. Für die Sachmittel konnten zwar Förderungen in Anspruch genommen werden, aber die Arbeiten wurden in Eigenleistung ausgeführt.
Dem DSCC sind stets neue Mitglieder im Alter ab 55 Jahre willkommen. Für einen Monatsbeitrag von 7,50 Euro können alle Angebote genutzt werden. Um sich vorzustellen, plant der DSCC für den 27. und 28. Juni jeweils 10 bis 15 Uhr zwei Tage der offenen Tür.
Sprechzeiten in der Club-Etage, Einbecker Straße 85, sind Montag bis Freitag 8.30 bis 16 Uhr. Weitere Informationen: Telefon 52 69 50 92, www.dscc-berlin.de.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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