Spazieren, aber nicht radeln
Der Zentralfriedhof wird als Park immer beliebter – aber es gelten Regeln
Während einige Kirchengemeinden gleich zu Beginn der Corona-Krise ihre Friedhöfe schlossen, blieben andere Begräbnisorte für Besucher geöffnet. So spazieren Berliner, die nicht in die übervollen Parks wollen, derzeit auch gern mal über eine Ruhestätte. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich gerade der Zentralfriedhof Friedrichsfelde. Daran ist gar nichts auszusetzen – am Verhalten mancher Besucher aber schon.
Ganze 32 Hektar misst er, womit der Friedrichsfelder Friedhof nicht nur besonders weitläufig ist. Dank seiner prächtigen Bäume und verschlungenen Pfade, mit seinen Wiesen und Rabatten wirkt er fast wie ein Park. Das ist kein Zufall: Schon beim Entwurf der damals noch vor den Toren Berlins befindlichen Gräberanlage orientierten sich Stadtgartendirektor Hermann Mächtig und der Königliche Gartenbaudirektor Axel Fintelmann am 1877 eröffneten und als Landschaftspark gestalteten Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Ihr „Städtischer Gemeindefriedhof für Berlin“ ging im Jahr 1881 in Betrieb. Über die Jahre entwickelte er sich zum bevorzugten Begräbnisort für bedeutende Vertreter der Arbeiterbewegung. Deshalb trägt er heute auch den Beinamen Sozialistenfriedhof, deshalb ist er über Berlins Grenzen hinaus bekannt.
Ausweichort für Herzberge
Den parkähnlichen Charakter der Anlage wissen erholungsbedürftige Großstädter gerade in diesen Tagen zu schätzen. Nicht nur das: Anders als im echten Landschaftspark Herzberge nebenan, wo bei schönem Wetter nun fast immer Gewimmel herrscht, findet sich auf dem Friedhof garantiert eine stille Ecke. Auch Bänke zum Verweilen gibt es in ausreichender Zahl. So wechseln Spaziergänger auf der Suche nach Abstand gern mal vom Landschaftspark hinüber in den Friedhofspark.
Dass der in erster Linie immer noch ein Begräbnisort ist, an dem viele Leute Angehörige betrauern, scheint manch einer dabei zu vergessen. So beklagten Leser gegenüber der Berliner Woche wiederholt eine zunehmende Pietätlosigkeit der Friedhofsbesucher. Vor allem Radler, aber auch Ball spielende Kinder seien dort jetzt ständig zu beobachten, erzählte kürzlich eine Leserin, die in Friedrichsfelde das Grab ihrer Familie pflegt.
Bezirk arbeitet an Lösung
Weder Radfahren noch Ballspielen ist auf dem Friedhof erlaubt – auf diese und ein paar weitere Regeln weisen Schilder am Eingang unübersehbar hin. Doch bei vielen bleibt das offenbar ohne Wirkung. Der für die Lichtenberger Grünanlagen und damit auch den städtischen Zentralfriedhof zuständige Stadtrat Martin Schaefer (CDU) kennt das Problem. „Unser Straßen- und Grünflächenamt ist hier schon sensibilisiert“, räumt er ein. „Wir planen eine zusätzliche Unterstützung durch Kräfte über das Sozialamt.“ Allerdings hätte die Corona-Zeit auch diese Personalplanungen durcheinander gebracht. Der Stadtrat ist indes zuversichtlich, dass sich die Situation künftig im Sinne aller Beteiligten gestalten lässt. „Wir sind guter Dinge, hier einwirken zu können.“
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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