Mission Nashorn-Rettung
Tierpark baut Forschungsstation für Artenschutzprogramm

Eine neue Nashorn Forschungsstation wird im Tierpark Berlin entstehen. Anlässlich der Vorstellung dieses Gemeinschaftsprojekts wurde eine lebensgroße Nashorn-Skulptur aus Recyclingmaterialien enthüllt. Der afrikanische Künstler Raymond Chataira hat die Skulptur aus alten Motorenteilen und ausgemusterten Werkzeugteilen erstellt.  | Foto: 2024 Tierpark Berlin/Jan Zwilling
2Bilder
  • Eine neue Nashorn Forschungsstation wird im Tierpark Berlin entstehen. Anlässlich der Vorstellung dieses Gemeinschaftsprojekts wurde eine lebensgroße Nashorn-Skulptur aus Recyclingmaterialien enthüllt. Der afrikanische Künstler Raymond Chataira hat die Skulptur aus alten Motorenteilen und ausgemusterten Werkzeugteilen erstellt.
  • Foto: 2024 Tierpark Berlin/Jan Zwilling
  • hochgeladen von Manuela Frey

Das Nördliche Breitmaulnashorn steht kurz vor dem Aussterben; nur noch zwei weibliche Tiere leben in einem Naturschutzreservat in Kenia. Ohne ein gemeinsames Handeln würde das einst in Zentralafrika beheimatete Nashorn für immer von der Erde verschwinden.

Das Aussterben dieser Unterart des Breitmaulnashorns scheint unvermeidlich, doch unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und koordiniert vom ZOO Dvůr Králové in Tschechien, arbeiten Forscher des internationalen BioRescue-Teams daran, neue Methoden der Reproduktion für Wildtiere zu entwickeln und diese zu nutzen, um die Dickhäuter vor dem endgültigen Aussterben zu bewahren. Der Tierpark Berlin wird nun mit den Wissenschaftlern kooperieren.

Neue Nashorn-Anlage wird gebaut

Im Tierpark Berlin wird eine Nashorn-Forschungsstation erbaut, in der Nördliche Breitmaulnashörner von Weibchen des nah verwandten Südlichen Breitmaulnashorns ausgetragen werden sollen. Bis zu sechs erwachsene Südliche Breitmaulnashörner sollen dafür auf eine neue rund 3 Hektar große Nashorn-Anlage im Tierpark ziehen und das Fortbestehen der hoch bedrohten, verwandten Unterart ermöglichen.

„Die Geschichte des Nördlichen Breitmaulnashorns mit seinen zwei letzten überlebenden Individuen hat bereits jetzt Menschen auf der ganzen Welt berührt – man kann nur schwer begreifen, dass wir dabei sind solch ein großes und faszinierendes Lebewesen zu verlieren“, erklärt Zoo und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. „Da wir Menschen dieses Nashorn mit unseren Handlungen erst in diese aussichtslose Lage gebracht haben, liegt es nun auch an uns, mit allen uns verfügbaren Mitteln zu verhindern, dass dieses Tier von unserer Erde verschwindet“, ergänzt er. Die neue Nashorn-Anlage im Tierpark wird ebenfalls mit einer Forschungsstation ausgestattet sein, um die tiermedizinische Betreuung der Tiere zu ermöglichen. Dafür müssen Forscher jederzeit geschützten Umgang mir den Nashörnern haben, um etwa Ultraschall-Untersuchungen ohne Narkose machen zu können. Die ersten Südlichen Breitmaulnashörner werden ab 2026 aus anderen zoologischen Einrichtungen in Europa die neue Nashorn-Anlage im Tierpark Berlin beziehen.

Ein paralleles Projekt wird im tschechischen Zoo Dvůr Králové durchgeführt. Die letzten beiden Nördlichen Breitmaulnashörner in Kenia, Najin und ihre Tochter Fatu, wurden im tschechischen Zoo geboren und 2009 in die Ol Pejeta Conservancy in Kenia umgesiedelt. "Ohne Zoologische Gärten wäre das Nördliche Breitmaulnashorn heute bereits ausgestorben. Noch bevor wir nach Kenia reisten, um die ersten Eizellen zu sammeln, wurden alle Instrumente und Protokolle, die wir zur Erzeugung von Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns verwenden, in enger Zusammenarbeit mit europäischen Zoos entwickelt. Es ist schön zu sehen, dass die Zoos auch weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Rettung dieses charismatischen Tieres spielen werden", sagt Jan Stejskal, der BioRescue-Koordinator und Direktor für internationale Projekte im Zoo Dvůr Králové. Die Nashornanlage in Dvůr Králové, die an dem Programm beteiligt sein wird, wird derzeit umgebaut und soll bis Ende 2025 fertiggestellt sein.

Das Team rund um Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt ist davon überzeugt, dass das gemeinsame Rettungsprojekt von Erfolg gekrönt sein wird. „Wir sind zuversichtlich, dass auf diesem Wege kleine Nashörner das Licht der Welt erblicken werden und somit diese Unterart bewahrt wird“, prognostiziert Prof. Hildebrandt. Er ergänzt: „Es geht aber um weitaus mehr als nur das Nördliche Breimaulnashorn. Dies könnte der erste Schritt für viele weitere Rettungsaktionen sein. Wenn es uns gelingt, dieses Nashorn so vor der Ausrottung zu retten, profitieren direkt und indirekt hunderte von anderen Arten.“

Möglich wird diese einzigartige Rettungsaktion nur durch den Einsatz modernster Reproduktionstechnologie. Erst im Januar 2024 war es dem BioRescue-Team erstmals gelungen, mit einer neu entwickelten Methode eine Trächtigkeit bei einem Breitmaulnashorn auf künstlichem Wege zu erzeugen. Damals wurde der von der Forschenden erzeugte Embryo eines Südlichen Breitmaulnashorns erfolgreich bei einem Südlichen Breitmaulnashornweibchen eingesetzt und somit der Weg für den ersten Versuch mit einem Embryo eines Nördlichen Breitmaulnashorns geebnet. Alle Hoffnungen für das Nördliche Breitmaulnashorn liegen daher jetzt auf den Embryonen, die derzeit noch tiefgekühlt bei minus 196 Grad Celsius in Biobanken in Berlin und im süditalienischen Cremona lagern.

Bauarbeiten beginnen im Herbst

Die Bauarbeiten im Tierpark Berlin, die im Herbst 2024 beginnen sollen, werden mit 3 Millionen Euro von der Senatsverwaltung für Finanzen im Rahmen mit für Innovation vorgesehenen Mitteln unterstützt. Die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2026 geplant. Die neue Nashorn-Anlage wird sich über knapp 3 Hektar erstrecken und bis zu sechs ausgewachsene Südliche Breitmaulnashörner beheimaten können. Insgesamt werden für die baulichen Maßnahmen 5 Millionen Euro angesetzt.

Eine neue Nashorn Forschungsstation wird im Tierpark Berlin entstehen. Anlässlich der Vorstellung dieses Gemeinschaftsprojekts wurde eine lebensgroße Nashorn-Skulptur aus Recyclingmaterialien enthüllt. Der afrikanische Künstler Raymond Chataira hat die Skulptur aus alten Motorenteilen und ausgemusterten Werkzeugteilen erstellt.  | Foto: 2024 Tierpark Berlin/Jan Zwilling
Unterzeichnung des Memorandum of Cooperation (von links) Thomas Hildebrandt, Andreas Knieriem und Jan Stejskal. | Foto: 2024 Tierpark Berlin/Jan Zwilling
Autor:

Manuela Frey aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

28 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 274× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 909× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 254× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.