„Kunsttresor“ am Fürstenwalder Damm
Richtfest für neues Zentraldepot der Staatlichen Museen zu Berlin
Von außen ist das riesige Grundstück am Fürstenwalder Damm 388 direkt neben der Straßenbahnhaltestelle Mühlweg nur schlecht einsehbar. Dort entsteht derzeit ein Großprojekt, das noch Jahre andauern wird: ein neues Zentraldepot für die Staatlichen Museen zu Berlin. Am 24. April durften sich geladene Gäste beim Richtfest für den ersten Bauabschnitt schon einmal auf der Baustelle umsehen.
Unter der Leitung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) wird im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) „ein multifunktionales und in Bezug auf die Lager- und Klimatechnik technisch hochwertiges Depotgebäude“ errichtet. Mit dem kompakten Neubau aus vorgefertigten Betonelementen wird das Ziel eines zentralen Standorts realisiert. Dort sollen die Sammlungen der Staatlichen Museen in Depots mit angrenzenden Werkstätten in einem Gebäude zusammengeführt werden. Bisher sind Depots und Werkstätten der Museen noch über die Stadt verteilt.
Objekte aus aller Welt, aktuell sind es geschätzt etwa 600 000, werden zukünftig in Friedrichshagen fachgerecht gelagert. Das Gesamtgebäude wird nach Fertigstellung beider Bauabschnitte aus sechs Baukörpern bestehen. Diese sind mithilfe einer inneren, ringförmigen und drei Meter breiten Erschließung miteinander verbunden. Im Inneren werden sich mehrere bis zu 1000 Quadratmeter große Depots mit moderner Lager- und Klimatechnik befinden. Zugeordnet werden ihnen jeweils kleinere Büros. „Es entstehen eng vernetzte Einheiten, welche durch die gemeinsame Benutzung eine Zentralisierung der Arbeits- und Lagerungsstätten ermöglichen“, erklärt das BBR.
Der erste Bauabschnitt, der 2019 begonnen wurde, umfasst zwei Baukörper. Darin werden die Sammlungen der Neuen Nationalgalerie, der Alten Nationalgalerie, des Kunstgewerbemuseums, des Hamburger Bahnhofs – Nationalgalerie der Gegenwart, des Vorderasiatischen Museums, des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung, der Antikensammlung sowie die Sammlung des Museums für Islamische Kunst untergebracht. Mit der Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts soll dann noch das Sammlungsgut von weiteren Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin in Depots untergebracht sowie in den Werkstätten vor Ort restauriert und gepflegt werden.
Der zweite und deutlich größere Bauabschnitt ist aktuell noch nicht durchfinanziert, ein Zeitplan für die Realisierung somit unklar. Außerdem wird es in dem Neubau ein modernes Fotoatelier und die sogenannte Digitalisierungsstrecke geben, wo die Bestände fotografisch und digital erfasst werden. Im Untergeschoss wird zudem ein digitales Langzeitarchiv für sämtliche Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz installiert. Dort werden die wichtigsten Objekte untergebracht sein. Von einem „Kunsttresor“ spricht Albert Urig vom Büro „AV1 Architekten“ aus Kaiserslautern, der das Gebäude entworfen hat. Bei der Planung der Anlage seien sogar Szenarien wie Flugzeugabstürze und Anschläge durchgespielt worden.
Im April 2024 soll das Gebäude des ersten Bauabschnitts fertig sein. Daran schließend folgt die Phase der Inbetriebnahme. Die Übergabe ist dann für 2025 vorgesehen. 73 Arbeitsplätze entstehen durch den Neubau, der so konzipiert ist, dass Objekte bei der Anlieferung zunächst in der Lkw-Schleuse entladen werden. Dann kommen sie in die Entwesungsanlage, wo der Sauerstoff entzogen wird, um Schädlinge abzutöten. Über den Materialaufzug geht es danach weiter in die einzelnen Depots, wobei jede Sammlung andere klimatische Bedingungen benötigt, was den Neubau zu einer hochkomplizierten Anlage macht. Die Depoträume, von denen es ein Dutzend gibt, haben keine Fenster. Es existieren dort auch keine Wasser- und Stromleitungen, damit Defekte ausgeschlossen werden können. Die Werkstätten werden mit einem speziellen Sonnenschutz versehen, damit die richtige Mischung aus Sonnen- und Kunstlicht entsteht, die beim Restaurieren benötigt wird.
Bei der ersten Haushaltsvorlage im Jahr 2012 waren die Planer noch von 68 Millionen Euro für den Neubau ausgegangen. Mit einem Nachtrag von 2019 erhöhten sich die Kosten auf 97 Millionen Euro. Jetzt liegen diese unter anderem durch Steigerung der Baukosten bei 130 Millionen Euro. Ursprünglich wurde das gesamte Grundstück, das im Besitz des Bundes ist, vom Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung der DDR genutzt. In den 50er- bis 80er-Jahren entstand dort eine Vielzahl an Labor-, Versuchs-, Verwaltungs- und Lagergebäuden. Die nördliche Hälfte des Grundstücks wurde im Jahr 2004 der SPK zur Nutzung überlassen. Auf diesem Teil des Grundstücks wurde bereits 2014 das Speichermagazin für die Staatsbibliothek zu Berlin, das Ibero-Amerikanische Institut und die bpk Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte in Betrieb genommen.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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