Letztes Denkmal für Ernst Litfaß
Historischer Werbeträger in der Bölschestraße steht unter Denkmalschutz
Berlinweit wurden bis Ende Juni rund 2500 Litfaßsäulen abgebaut. Grund ist ein Wechsel des Betreibers. Nur wenige bleiben stehen. So auch die in der Bölschestraße.
Manfred Scheel (82) ist stolz wie Bolle. Der Hauseigentümer des Hauses Bölschestraße 86 steht vor „seiner“ Litfaßsäule auf dem Gehweg gleich neben dem Friedrichshagener Rathaus. Denn diese Säule, um 1930 aufgestellt, bleibt der Nachwelt erhalten. Das Landesdenkmalamt hat sie in de Denkmalliste aufgenommen und damit unter Schutz gestellt. „Wir haben die bisher vorhandenen 2548 Säulen auf ihren Denkmalwert geprüft. Künftig genießen 24 dieser Säulen Denkmalschutz und bleiben als Zeugnisse der Berliner Stadtgeschichte an Ort und Stelle erhalten“, teilt Landeskonservator, Christoph Rauhut, mit.
Im Bezirk nur eine Säule unter Denkmalschutz
Im Bezirk Treptow-Köpenick steht nur die eine Säule von der Bölschestraße unter Schutz. In Innenstadtbezirken haben es mehr der historischen Werbeträger auf die Denkmalliste geschafft, in Mitte vier, in Friedrichshain-Kreuzberg fünf und in Charlottenburg-Wilmersdorf sechs. Die älteste Litfaßsäule Berlins wurde um 1900 aufgestellt und steht auf dem Hackeschen Markt.
Das neue Denkmal in der Bölschestraße steht nun unter der Nummer 09097870 in der Datenbank des Landesdenkmalamts. Verzeichnet ist sie als Litfaßsäule und Transformatorensäule aus dem Jahr 1930, sie gilt als Teil des Ensembles Bölschestraße.
Fast wäre der historische Werbeträger bereits 2006 verschwunden. „Damals sollte sie abgebaut und durch eine moderne Säule aus Beton ersetzt werden. Ich habe mich damals beim Landesdenkmalamt beschwert. Das hatte Erfolg, die Litfaßsäule ist abgebaut und restauriert worden, ein paar Wochen später wurde sie auf einem neuen Betonsockel an alter Stelle wieder aufgestellt“, erzählt Manfred Scheel, dem das Haus Bölschestraße 86 seit rund 25 Jahren gehört.
Der Köpenicker hat auch eine Vermutung, warum die Säule genau hier platziert wurde: Im Innern befand sich ein Transformator der Bewag. „Es gab hier in mehreren Häusern kleine Firmen, die einen Kraftstromanschluss brauchten. Und der befand sich in der Litfaßsäule“, erklärt Manfred Scheel.
Hintergrund für den großflächigen Abriss von 2500 Litfaßsäulen ist ein Betreiberwechsel im Werbegeschäft. Die Firma Wall AG musste deshalb vertragsgemäß die alten Säulen entsorgen, der neue Betreiber der Werbemittel, die ILG-Außenwerbung aus Stuttgart, baut derzeit ihre eigenen, etwas größeren Säulen auf. Die sind zum Teil sogar beleuchtet. „Schade, dass eine alte Berliner Institution verschwindet. Immerhin wurde diese Art der Reklame 1854 vom Berliner Ernst Litfaß, einem Buchdrucker, erfunden. Die historischen Säulen waren auch ein Denkmal für diesen findigen Berliner. Man hätte ruhig ein paar mehr dieser Säulen unter Denkmalschutz stellen können“, bedauert Stefan Förster, Vorsitzender des Bezirksdenkmalrats Treptow-Köpenick.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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