Vor fast 30 Jahren erster Wochenmarkt in Friedrichshagen
Wolfgang Hirche (62) war vor 30 Jahren Taxifahrer und kannte den Wochenmarkt in Pankow. Dort standen die Leute nach den ersten Blumen oder nach "Bückware" wie selbst getöpferter Keramik Schlange. "So etwas wollte ich auch machen", erzählt Hirche. In einer Zeitung hatte er gelesen, dass in Marzahn ein Wochenmarkt am Dorfkern eingerichtet werden sollte. Sofort hatte er sich beworben und beim Stadtrat ein Konzept eingereicht. "Und dann kam eine Absage. Im Gespräch ließ man durchblicken, dass man im sozialistischen neuen Stadtbezirk keinen privaten Markt dulden würde", ärgert sich Wolfgang Hirche noch 30 Jahre später.
Im Bezirk Köpenick war das weniger wichtig. Dort gab es einen Stadtrat für Handel und Versorgung, der gerade dabei war, die Bölschestraße mit privaten Geschäften und Gaststätten neu zu beleben. "Dem war ein Wochenmarkt gerade recht, schnell waren wir handelseinig", erzählt Hirche.
Er hatte dann zwei Monate Zeit, mit Material vom Schrottplatz 25 Stände zu bauen. Außerdem mussten Händler gesucht werden. "Ich hatte kein Telefon und habe alle vom Stadtrat vorgeschlagenen Anbieter selbst aufgesucht", berichtet Hirche. Er konnte alle Stände besetzen. Am 28. April 1984 standen unter anderem Keramiker, Glasmaler, ein Anbieter von Kunstschmiedearbeiten und ein Bäcker auf dem Marktplatz, die örtliche HO-Kaufhalle beteiligte sich mit einem Obst- und Gemüsestand. Wolfgang Hirche selbst hatte einen Stand mit Obstwein von einer Marzahner LPG aufgebaut. "Das Wetter war schlecht, es war eiskalt und regnete fast den ganzen Tag. Trotzdem hatten alle Händler am Ende des ersten Markttags leere Kisten und volle Kassen", erinnert sich Hirche.
Der Friedrichshagener Wochenmarkt hat die Wende und die Umgestaltung des Platzes überlebt. In den 90er-Jahren fanden Menschen hier ein Auskommen, die der Untergang der DDR-Betriebe freigesetzt hatte. "Ein früherer Narva-Mitarbeiter hat mehrere Jahre erfolgreich Glühlampen und Elektroartikel verkauft", erzählt Marktleiter Hirche.
Heute dürfen auf einem Wochenmarkt vor allem frische Lebensmittel nicht fehlen. Stände mit Fisch und Fleisch gehören ebenso zum Angebot wie Brot aus dem transportablen Backofen sowie Obst und Gemüse. Aber auch Bunzlauer Keramik ist gefragt. Für seine Kunden holt der 42-jährige Andreas Dobbeck Schalen, Milchtöpfe und Tassen direkt von den schlesischen Produzenten. Putzmacherin Carola Schmidt (48) hat hochwertige Hüte und Mützen für Damen, Herren und Kinder im Angebot. Die kommen nicht aus Asien, sondern von Produzenten in Holland und Italien. "Wir haben in Friedrichshagen ein sehr modebewusstes Publikum", sagt sie.
Eigentlich ist Marktbetreiber Hirche mit dem Branchenmix zu Füßen von Friedrich dem Großen ganz zufrieden. "Was fehlt, wäre ein Händler, der Wild aus heimischen Wäldern und Büffel- oder Straußenfleisch anbietet", sagt er. Gefeiert wird das Jubiläum nicht. Wenn die Händler mitziehen, soll es jedoch im Sommer ein kleines Fest geben.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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