Erinnerung an Firmengründer
Julius Fromm produzierte das erste Markenkondom
Viele Menschen haben den Begriff „Fromms“ einst als Synonym für Kondom genutzt. Das erste Markenkondom der Welt wurde ab 1916 in Berlin produziert. Der jüdische Unternehmer Julius Fromm (1883-1945) gründete zwei Jahre zuvor die Firma „Israel Fromm, Fabrikations- und Verkaufsgeschäft für Parfümerien und Gummiwaren“. Jetzt erinnern zwei Gedenktafeln an ihn.
Sie wurden am 8. September auf Initiative des Heimatvereins Köpenick in der Friedrichshagener Straße 38 eingeweiht. Dort, wo sich heute eine Kaufland- und eine Möbel-Boss-Filiale befinden, stand einst das Gummiwerk von Julius Fromm, das jedoch im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde.
Noch heute werden Kondome unter dem Namen „Fromms“ verkauft. Die Marke wird seit Ende der 1940er-Jahre in der niedersächsischen Stadt Zeven von der Firma Mapa GmbH produziert. Diese ist sichtlich stolz darauf, „die älteste Kondommarke Deutschlands“ zu repräsentieren. Auf deren Webseite heißt es zur Geschichte des Produkts: „Die Sternstunde des Kondoms kam im 20. Jahrhundert. 1912 perfektionierte ein Mann die Kondom-Produktion, indem er Glaskolben in Rohgummilösung tauchte. Mit dieser Technik gelang es ihm, hauchdünne Kondome mit Reservoir ohne Naht herzustellen. Der Name des Mannes war Julius Fromm.“
„Wenn’s euch packt, nehmt Fromms Act“
1893 kam Fromm als zehnjähriger jüdischer Junge aus dem damals russischen Konin nach Berlin, wohin es seine Familie aus wirtschaftlichen Gründen zog. 1912 begann er, Chemie zu studieren. Sein Antrag auf Einbürgerung zwei Jahre später wurde zunächst abgelehnt und erst 1920 positiv beschieden. Mit seiner Firma produzierte er ab 1916 Kondome, zunächst in der heutigen Käthe-Niederkirchner-Straße in Pankow. Drei Jahre später kaufte er sich eine Villa in Nikolassee, 1922 ein Gewerbegrundstück in der Rahnsdorfer Straße 53. Bereits 1926 konnte er 24 Millionen Kondome verkaufen. 1929 ließ er dann in Friedrichshagen ein Gummiwerk errichten. Es entstand in der Friedrichshagener Straße 38/39 im Stil der Bauhaus-Moderne von den Architekten Arthur Korn und Siegfried Weizmann. Von da an wurden vor Ort Kondome der Weltmarke „Fromms Act“ hergestellt. Verkauft wurden diese auch über Automaten unter dem Motto „Männer, schützt eure Gesundheit“. Beworben wurde das Markenkondom mit Slogans wie „Wenn’s euch packt, nehmt Fromms Act“ oder „Fromms zieht der Edelmann beim Mädel an“. Die Kirche sah darin einen „Anreiz zur Unzucht“.
Zwangsverkauf an Görings Patentante
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten begann 1936 eine Kampagne gegen seine sogenannte „Judenfirma“. Zwei Jahre darauf verkaufte Julius Fromm diese unter Zwang zu einem Spottpreis von 200 000 Schweizer Franken an Hermann Görings Patentante Elisabeth Edle von Epenstein und wanderte anschließend nach England aus. Im Dezember 1943 und Januar 1944 wurde das Gummiwerk in Friedrichshagen schließlich bei Bombenangriffen vollständig zerstört.
Julius Fromm starb am 12. Mai 1945 im Exil in London an Herzversagen, die Familie meinte, wohl aus Freude über den Sieg über Hitler. Seine Schwester Esther Brandenburg und ihr Mann Willy Brandenburg sowie dessen unverheiratete Schwester Liesbeth Brandenburg wurden bereits 1943 in Auschwitz ermordet, genauso wie Elvira Fromm, die Frau des Bruders von Julius Fromm. Auch Berthold Fromm, der Sohn des Bruders, wurde hingerichtet. Er starb 1942 in Sachsenhausen. Vor der Villa in der Rolandstraße 4 in Nikolassee erinnern seit 2010 fünf Stolpersteine an das Schicksal der Familien Fromm und Brandenburg.
In Friedrichshagen wurden damals aber auch nach Kriegsende zunächst noch weiter Kondome hergestellt, fortan für die Rote Armee. Nachdem die Maschinen erst demontiert und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion abtransportiert wurden, kam es sieben Wochen nach der Kapitulation zur Fortsetzung der Produktion. Julius Fromm wurde noch nach 1945 als „kapitalistisches Ekel“ öffentlich diffamiert. Sein ehemaliges Stammwerk kam unter Zwangsverwaltung und wurde 1949 verstaatlicht.
In der Friedrichshagener Straße 38 erinnert seit 2014 ein Stolperstein an Julius Fromm. Jetzt erfahren Interessierte durch die beiden Erinnerungstafeln direkt daneben noch ein wenig mehr über die bedeutende Unternehmerpersönlichkeit.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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