Besucherzentrum als „Geschenk“
Friedrichshain. Wie das künftige Vergnügungsviertel an der seit 1. Juli in Mercedes-Benz-Arena umbenannten Halle an der Mühlenstraße aussehen soll, ist schon seit März kein Geheimnis mehr. Am 8. Juli wurde das Vorhaben auch im Stadtplanungsausschuss der BVV vorgestellt.
Zwei angesetzte Termine waren zuvor abgesagt worden. Michael Kötter, bei der Anschutz Entertainment Group (AEG) zuständig für die Entwicklung des Quartiers, begründete das in einem Fall mit der zu kurzfristig eingegangenen Einladung, im zweiten mit anderweitigen Verpflichtungen. Desinteresse sei auf jeden Fall nicht die Ursache gewesen.
Dabei sind die Einwirkungsmöglichkeiten des Bezirks bei dem Projekt sehr begrenzt. Der Entertainment District ist schon lange in einem Bebauungsplan fixiert, auch wenn er zunächst an anderer Stelle, nämlich im nordwestlichen Bereich des Anschutz-Areals, vorgesehen war. „Mit geringen Abweichungen“ bewege sich das Vorhaben weiter im Rahmen des B-Plans, erklärte Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis90/Grüne). Sie betreffen vor allem zwei Aufbauten an den geplanten Häusern direkt an der Mühlenstraße. In einem davon soll ein Dokumentations- und Besucherzentrum zur East Side Gallery und zur Geschichte dieses Abschnitts der Berliner Mauer eingerichtet werden. Einen solchen Erinnerungs- und Informationsort wünscht sich der Verein East Side Gallery schon lange.
Für Michael Kötter bedeutet dieses Angebot eine Art „Geschenk“. Gleiches gelte für das gesamte Entertainment Viertel sowie weitere Flächen auf dem Riesengelände, das in drei Jahren zu zwei Drittel bebaut sein soll. 2000 Wohnungen und 18 000 Arbeitsplätze werden dort entstehen. Die Vergnügungsmeile besteht aus vier Gebäudekomplexen, die unter anderem eine weitere Multifunktionshalle mit bis zu 4000 Plätzen, 14 Kinosäle, eine Bowlingbahn, Gaststätten, ein Hotel sowie Büroräume beherbergen. Sie gruppiert sich um den neuen Mercedes-Platz. Denn der Autobauer ist nicht nur an der Arena, sondern auch bei diesem Vorhaben engagiert.
In Sachen Geschenke hätten einige Ausschussmitglieder gerne noch einen Nachschlag gehabt. Es sollte ein Geben und Nehmen stattfinden, bei dem auch der Bezirk profitiert, insistierte Lothar Jösting-Schüßler (Linke). 2000 Wohnungen bedeuten rund 4000 neue Bewohner. Eine Größenordnung, für die eigentlich eine weitere Schule benötigt werde, meinte der Bürgerdeputierte Carsten Joost (Piraten). Wünsche, nicht nur in dieser Richtung, wurden allerdings bereits von Stadtrat Panhoff abgewürgt. „Was gebaut wird, ist eine Kita.“ Zu mehr, so ließ er durchblicken, könne der Investor nicht verpflichtet werden.
Auch was den Verkehr rund um das Areal betrifft, gab es kritische Einwände. Schon jetzt seien bei Großveranstaltungen in der Halle die Straßen dicht. Wie soll das funktionieren bei noch mehr Publikum? „70 bis 80 Prozent der Besucher kommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln“, widersprach Michael Kötter. Den immer wieder prognostizierten Verkehrskollaps habe es deshalb nie gegeben, fand er. Nur bei wenigen Konzerten, wie bei Udo Jürgens, seien die Fans verstärkt mit dem Auto angereist.
Nicht unbedingt anfreunden konnte sich Kötter auch mit der Forderung nach einer Bürgerversammlung. Die Bevölkerung werde über die Pläne natürlich unterrichtet. Gedacht sei aber eher an eine Art Newsletter, der verteilt werden soll. Ohnehin wäre ein öffentlicher Termin nur noch eine Informations- aber keine Beteiligungsveranstaltung.
Der Baustart für den Entertainment District ist für die ersten Monate 2016 geplant. 2018 soll er dann schon fertig sein. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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