Rote Karte für Sperrstunde
Bezirksverordnete kippen begrenzte Schankerlaubnis für Holzmarkt
Eigentlich finden alle den Holzmarkt ganz toll. Zumindest mangelte es zuletzt nicht an Sympathiebekundungen aus unterschiedlichsten Richtungen. Sie waren vor allem eine Reaktion auf die vom Bezirksamt angekündigte Art Sperrstunde auf dem Party-, Kultur- und Ökoareal am Spreeufer.
Diese sah vor, dass der Ausschank an allen Wochentagen einschließlich Wochenende um 21 Uhr beendet wird. Sonst gebe es keine erneute Genehmigung der kulturellen und gastronomischen Einrichtungen auf den öffentlichen Freiflächen.
Seit die nächtliche Betriebseinschränkung am 5. Juni durch eine Einwohneranfrage in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zum Thema wurde, schlugen die Wellen hoch. Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) begründete sie unter anderem mit massiven Lärmbeschwerden. Aber noch während der Sitzung wurde der Vorstoß von einer BVV-Mehrheit ausgebremst. Ein Dringlichkeitsantrag, eingebracht von den Linken, der SPD, CDU, Die Partei und FDP, forderte das Bezirksamt auf, die Neuregelungen auszusetzen und bis zum 31. Oktober auf den bisher geltenden rechtlichen Stand zurückzukehren. Außerdem wird eine Vorlage zu den Hintergründen dieser Entscheidung bis zum nächsten Termin des Bezirksparlaments im August erwartet. Bei Enthaltung der Grünen wurde das so beschlossen.
Kritik an Stadtrat Schmidt
Ähnlich wie im Fall der Testphase zur Begegnungszone Bergmannstraße, fand sich auch in diesem Fall eine sonst eher ungewöhnliche Allianz unter Ausschluss der Bündnispartei zusammen. Eine weitere Gemeinsamkeit: Auch beim Holzmarkt stand vor allem Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) im Zentrum der Kritik. Obwohl der die Sperrstunden-Anfrage gar nicht beantwortet hatte. Allerdings wurde die Stellungnahme, die der Kollege Hehmke vortrug, in weiten Teilen von seiner Abteilung formuliert. Dazu gilt Schmidt seit seinem Agieren beim inzwischen gescheiterten Eckwerk-Projekt als Verhinderer und Hauptgegner der Holzmarkt-Genossen. Auch beim sogenannten "90-Tage-Rat", den die als eine Art Vermittlungsgremium Ende vergangenen Jahren eingesetzt hatten. Das Trio, zu dem auch der ehemalige Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland (Bündnis90/Grüne) gehört, hatte bereits bei einer Zwischenbilanz deutlich gemacht, dass es sich vor allem am Baustadtrat die Zähne ausgebissen habe. Eines der wenigen Resultate ihrer Dialogversuche mit ihm wäre dessen Zusage gewesen, den eigentlichen Holzmarkt-Campus zu unterstützen, erklärte der Rat im Zusammenhang mit der Sperrstundendiskussion. Stattdessen werde jetzt mit einer Begrenzung der Schankerlaubnis auf 21 Uhr und der Aufforderung, danach für eine Beruhigung des öffentlichen Spreeuferwegs zu sorgen, "die Axt an die ökonomischen Wurzeln des Holzmarkts gelegt".
Auch die Clubcommission zeigte sich in einem offenen Brief an das Bezirksamt „ratlos, wütend und enttäuscht“. Und ebenso wie der Rat fordert sie ein Eingreifen von Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne). Der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner sieht hier die Grünen als „spießige Verbotspartei“ am Werk. Wie schon erwähnt, der Holzmarkt hat viele Fans.
Ämter lassen Verfahren bis zur Klärung ruhen
Auch, wie er beteuerte, Florian Schmidt. Der stellte zunächst klar, dass er mit der "konzertierten Ämteraktion" am 4. Juni auf dem Gelände nichts zu tun hatte. Nach Angaben von Holzmarkt-Genosse Juval Dieziger wären an diesem Tag gleichzeitig Gewerbe-, Ordnungs-, Umwelt- und Finanzamt vorstellig geworden. "Uns wurde konkret eine kurzfristige Schließung angedroht", erklärte Dieziger weiter.
Keines der daran beteiligten Ämter sei ihm unterstellt, konterte der Baustadtrat. Er habe deshalb nicht einmal davon gewusst. Auch habe keine Verwaltungsstelle in seiner Verantwortung eine Sperrung angeordnet, ebenso wenig wie die 21-Uhr-Regelung. In seinen Bereich fallen dagegen zwei Bauanträge der Holzmarkt-Genossenschaft. Bei beiden gebe es Probleme, die jedoch gemeinsam lösbar seien. Das gelte auch für den Sperrstunden-Stress. "Ich habe alle beteiligten Ämter vorsorglich gebeten, etwaige Verfahren bis zu einer Klärung ruhen zu lassen."
Ein direktes Gespräch zwischen dem Stadtrat und den Holzmarkt-Verantwortlichen kurz vor Pfingsten scheint zumindest für verbale Abrüstung gesorgt zu haben. Schmidt hatte sich über "Vorwürfe und üble Beschimpfungen ... bis hin zu Andeutung von Gewaltandrohung" beklagt. Die persönlichen Angriffe "haben wir bereits an anderer Stelle mehrfach kritisiert, davon distanzieren wir uns", ließ die Genossenschaft via Facebook verlauten.
Bleibt noch das Schlusswort der Bürgermeisterin: "Ich erwarte, dass sich die beteiligten Stadträte mit ihren Ämtern und dem Holzmarkt-Team in den nächsten Tagen an einen Tisch setzen", twitterte Monika Herrmann.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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