Möglichst viele mitnehmen
Das Beteiligungsverfahren für Friedrichshain-West und was es bringen soll
Natürlich sei das Ergebnis entscheidend, sagt Gisela Wendrock. Aber es gebe jetzt viele Möglichkeiten, den Weg dorthin mitzugestalten. Und damit eine ganz andere Basis als in der Vergangenheit.
Die Anwohnerin aus der Krautstraße gehörte zu den führenden Vertreterinnen des Protests gegen die ursprünglichen Nachverdichtungspläne der Wohnungsbaugesellschaft WBM in Friedrichshain-West. Deren vorgesehenen mehr als 30, später nur noch etwa halb so viele sogenannte Punkthochhäuser, verteilt im Gebiet zwischen Ostbahnhof und Barnimkiez, sorgten seit Ende 2014 für heftigen Widerstand in den betroffenen Quartieren.
Der Bezirk reagierte zunächst mit dem Aufstellen von Bebauungsplänen für einige Flächen. Nach dem Regierungswechsel 2016 legte die neue Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) das Vorhaben auf Eis. Angekündigt wurde danach ein umfangreicher Beteiligungsprozess. Der kommt jetzt, nach rund zwei Jahren, in Gang.
Auf welche Weise wird zunächst bis 17. Mai im Rahmen einer "wachsenden Ausstellung" im Gebäude des "Neuen Deutschlands" am Franz-Mehring-Platz 1 dargestellt. Wachsend deshalb, weil schon dort Anmerkungen und Wünsche gefragt sind. Sie können auf den Schautafeln angebracht werden. Parallel zur Eröffnung der Schau am 8. April startete auch die Website www.friedrichshain-west.berlin.de. Dort finden sich alle Informationen zum bisherigen und jetzt folgenden Verfahren.
Versammlungen und Kiezfeste geplant
Die Schautafeln stellen das Gebiet, seine Bedarfe und Möglichkeiten vor. Aufgeteilt in die Bereiche Barnimkiez, Karl-Marx-Allee und Andreasviertel. Außerdem unterteilt in verschiedene Themen; neben Städtebau auch Umwelt, soziale Infrastruktur, Mobilität, historische Substanz und Nahversorgung. Schon das macht deutlich, es soll um mehr gehen als nur um Wohnungen, auch wenn die weiter eine wichtige Rolle spielen. Denn natürlich sollen dort Neubauten entstehen. Wo, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen soll aber ein Ergebnis des Aushandlungsprozess sein.
Der ist auf ungefähr ein Jahr terminiert und beinhaltet verschiedene Beteiligungsformen. Bereits seit Ende 2018 gab es Runden, etwa mit Kiezakteuren wie Gisela Wendrock. Auch in Vorbereitung auf die Ausstellung und die weiteren Schritte. Es folgen jetzt unterschiedliche Formate von Workshops bis Versammlungen, auch Kiezfeste sind angedacht. Ebenso das Hinzuziehen von Expertinnen und Experten. Am Ende sollen sogenannte Quartiersverträge in allen drei Gebieten stehen, in denen konkrete Zielstellungen und Rahmenvereinbarungen festgeschrieben sind. Und die betreffen nicht nur den Wohnungsbau, sondern zum Beispiel die Themen Grünanlagen, den Einzelhandel, die Verkehrssituation, den Klimaschutz. Alles mit dem Ziel, möglichst viele mitzunehmen und eine, wie auch immer geartete Nachverdichtung in einem einigermaßen breiten Konsens realisieren zu können. Das alles dauert natürlich. Frühestens ab 2020, wahrscheinlich eher 2021 könnte dann gebaut werden.
Mieter lehnten WBM-Pläne ab
Ein lange Zeitraum seit dem ersten Aufschlag der WBM vor mehr als vier Jahren. Dabei sollte es damals eigentlich ganz schnell gehen. Der Senat hatte die Wohnungsbaugesellschaften aufgefordert, Flächen zu benennen, auf denen zügiger Neubau umgesetzt werden könne. Die WBM brachte Friedrichshain-West ein, schon weil ihr dort Grundstücke gehören. Sie stellte ihre Punkthochhauspläne im Stadtplanungsausschuss vor, worüber die Berliner Woche berichtete. Danach stellte sich heraus: Die angrenzenden Mieter waren darüber nicht informiert und reagierten entsprechend abwehrend. Daraus entstand eine Protestwelle, die das Vorhaben lange Zeit zum Stillstand brachte.
Es sind diese Erfahrungen, die dazu führten, dass die damals suboptimale Kommunikation mit den Betroffenen jetzt in großem Rahmen nachgeholt wird. Mehrere Planungs- und Landschaftsbüros organisieren den Prozess. Verschiedene Senats- und Bezirksverwaltungen sind involviert. Und dabei geht es gleich um die ganz große Blaupause an Veränderungen, sprich Verbesserungen für Friedrichshain-West.
Gisela Wendrock betont dann auch, dass es jetzt, anders als früher, einen Dialog auf Augenhöhe gebe. Dass viele Probleme im Quartier vorgebracht werden können. In diesem Rahmen lasse sich auch über manches bisher Strittige anders reden. Vor allem aber hofft sie, dass viele Bewohner die Chance nutzen, aktiv mitzumachen. Das Argument "die da oben machen sowieso, was sie wollen", gelte jetzt ebenso wenig wie der Vorwurf, man sei nicht gefragt worden oder habe davon nichts gewusst.
Die Ausstellung ist täglich rund um die Uhr geöffnet. Der Zugang ist barrierefrei und der Eintritt frei.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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