Drama Riga in drei Akten: Ein Bauprojekt zwischen Genehmigung und Protest

Hinter diesem Zaun entsteht das Carré Sama-Riga. | Foto: Thomas Frey
3Bilder
  • Hinter diesem Zaun entsteht das Carré Sama-Riga.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Das Bauvorhaben Carré Sama-Riga der CG-Gruppe an der Rigaer Straße 71-73 ist nicht mehr zu stoppen. Am 5. Mai wurde die Genehmigung offiziell erteilt.

Zuvor war das Projekt innerhalb von 24 Stunden an drei verschiedenen Orten noch einmal Thema. Dabei ging es um rechtliche Fragen, Protest und politische Stellungskämpfe. Eine Art Drama Riga in drei Akten.

1. Akt:2. Mai, 19 Uhr, Konzertsaal der Musikschule an der Zellestraße. Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) hat zu einer Bürgerinformation eingeladen. Der Saal ist mit rund 120 Personen gut gefüllt. Das Thema: geplante Neubauten an der Rigaer Straße, vor allem und immer wieder Sama-Riga. Hinter diesem Namen steht ein Quartier mit mehr als 130 Wohnungen sowie Gewerbe. Der Protest dagegen macht sich an der Masse und Dichte der Neubauten sowie ihrem Preis fest. Außerdem wird beklagt, dass dafür historische Gebäude abgerissen und eine der letzten noch nicht entwickelten Flächen im Friedrichshainer Nordkiez besiedelt wird. Die Ablehnung ist zwar nahezu einhellig, sie reicht bei den Besuchern aber von einem eher gemäßigten "so nicht" bis zur Extremvariante, die alle "Spekulanten" vertreiben möchte. Zuletzt sorgte die Baugenehmigung für Aufregung. Vom Bezirk wurde sie versagt, worauf die CG-Gruppe Widerspruch bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einlegte. Die entschied zu Gunsten des Investors.

Die Gemengelage auf diesem Grundstück ist einigermaßen kompliziert. Auf der einen Seite wurde dort ein sogenannter vorhabenbezogener Bebauungsplan auf den Weg gebracht, andererseits gilt Paragraf 34 des Baugesetzbuchs. Er erlaubt Neubauten ohne größere Einschränkung, wenn sie sich am umliegenden Bestand orientieren. Darauf berief sich der Investor bei seinem Widerspruch.

Ob sich daran noch etwas verändern lässt, ist deshalb die entscheidende Frage. Man könne theoretisch das Areal zu einer Grünfläche erklären oder Gemeinbedarf, etwa für den Bau einer Schule, anmelden, erklärt Stadtrat Schmidt. In der aktuellen Situation sei das aber eher schwierig, denn das würde auf jeden Fall hohe Entschädigungsansprüche nach sich ziehen. Spätestens dann sei die Landesebene gefragt. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hätte statt eines Ja auch ein Nein zum Widerspruch aussprechen können, findet eine Rednerin. Ihrer Feststellung wird nicht widersprochen.

2. Akt:3. Mai, 12 Uhr, Bauausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus. Ihre Sicht der Dinge macht die Senatorin in wenigen Sätzen deutlich. Anlass ist eine entsprechende Frage der Kreuzberger Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger zu Lompeschers Vorgehen in Sachen Sama-Riga. "So leid es mir tut, nach Paragraf 34 mussten wir das machen, weil die Rechtslage nichts anderes zulässt", sagt Katrin Lompscher. Sie verweist darauf, dass der Bebauungsplan noch nicht festgesetzt sei und spielt den Ball mit einer weiteren Aussage zurück in den Bezirk. "Der Bauantrag hätte zurückgestellt werden müssen."

3. Akt:3. Mai, 18 Uhr, Stadtplanungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung. Bei der Sitzung gerät das Thema endgültig in die politische Auseinandersetzung. Auf welcher rechtlichen Grundlage seine ablehnende Baugenehmigung eigentlich basiere, will der Linke-Bezirksverordnete Lothar Jösting-Schüßler von Stadtrat Schmidt wissen. Eine Frage, die auch als Flankenschutz für die eigene Senatorin zu verstehen ist. Schmidt lässt Stadtplanungsamtsleiter Matthias Peckskamp ausführen, dass sich das Baukonzept planungsrechtlich nicht eingefügt habe. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwichklung sei das aber anders gesehen worden. Die Linken würden versuchen, ihren Hintern zu retten, konstatiert daraufhin der Grüne Dr. Thomas Weigelt. Auch die SPD findet, dass sich der Bezirk nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen könne. Alles zusammen ergibt eine Art Schwarzer-Peter-Spiel um Fehler und Versäumnisse aus der Vergangenheit und Gegenwart.

Ebenfalls im Ausschuss anwesend sind Vertreter der CG-Gruppe, einschließlich ihres Chefs Christoph Gröner, sowie Gegner des Bauprojekts. Erstere betonen, dass das Projekt Ergebnis einer umfassenden Bürgerbeteiligung gewesen sei, was die Kontrahenten und auch einige Bezirksverordnete bestreiten. Außerdem soll nach Angaben des Investors das Bebauungsplanverfahren zu Ende gebracht werden.

Ein "Luxusquartier für Globalisierungsgewinner", das eine "Verödung der Kiezstruktur" nach sich ziehe, lauten unter anderem die Vorwürfe von Vertretern der Protestgemeinde zu Sama-Riga. Deren Widerstand wird wohl anhalten, aber erst einmal kann dort gebaut werden. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 273× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 908× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 251× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.