Kindheit auf der Baustelle und im Container
Eine Kitasanierung, die zur unendlichen Geschichte wurde
Die Aussagen klangen so, als wäre alles paletti. Die Türen müssten noch eingehängt werden und ein Rest von Fliesen sind einzusetzen. Ende Juli soll alles fertig sein.
So der Sachstand, vorgetragen von Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zum Umbau der Kita "Menschenskinder" an der Fürstenwalder Straße. Dass dort seit rund drei Jahren eine Bauodyssee im Gange ist, konnten Uninformierte daraus nicht erschließen.
Anders die direkt Betroffenen, wie die Kita-Eltern auf der Tribüne. Die fanden die Erklärungen deshalb auch "unübersichtlich" und "nicht befriedigend". Termine, wann das Gebäude endlich fertig ist, seien schon mehrere genannt worden und ließen sich dann nicht einhalten. Deshalb werde auch der aktuelle Zeitplan erst geglaubt, wenn er wirklich eintritt. Wobei es jetzt eigentlich unbedingt klappen muss. Denn zum neuen Kitajahr ab 10. August sollen 40 weitere Kinder aufgenommen werden. Die finden aber nur einen Platz, wenn vorher die Bauarbeiter verschwunden sind.
Dass die Eltern ziemlich sauer sind, ist deshalb noch untertrieben. Deutlich wird das an zwei Briefen von Ende Mai und Ende Juni an Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne), die, ebenso wie die Antwort der Rathauschefin, der Berliner Woche vorliegen. Neben den Problemen wird darin eine wenig transparente Informationspolitik der Verantwortlichen im Bezirksamt, dem Bauauftraggeber, beklagt. Es habe den Eindruck, als würden sie dort vor allem für Nervensägen gehalten, meinte eine Mutter. Mitgereicht wurde in einem der Schreiben eine Chronologie der bisherigen Ereignisse. Sie liest sich wie eine Hitparade von Pleiten, Pech und Pannen, die hier nur in groben Zügen wiedergegeben werden soll.
Ursprünglicher Beginn der Sanierung sollte im September 2014 sein. Sie begann tatsächlich erst im Oktober 2015. Zunächst an den Außenfassaden und bei noch laufendem Betrieb. Im Mai 2016 folgte der Umzug in einen Container, in dem sich die Kita bis heute befindet. Das Provisorium ist weder auf dem aktuellen Stand solcher Ersatzbauten, noch auf längere Zeit für einen Kinderhort ausgerichtet. Dazu kam, dass auch der Garten höchstens partiell genutzt werden kann. Dessen Wiederherstellung wird sich auch auf jeden Fall noch bis zum Jahresende hinziehen.
Alles zusammengenommen hätten deshalb viele Kinder ihre bisherige Kitazeit zunächst auf einer Baustelle und dann in einem Container verbracht, machen die Eltern deutlich. Bei allem Einsatz der Erzieherinnen, diese Handicaps mit Engagement über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus aufzufangen, sei das alles andere als ein optimales Umfeld. Übrigens – trotz all dieser Einschränkungen war die Tagesstätte im Frühjahr eine der Ausgezeichneten mit dem Deutschen Kitapreis (wir berichteten).
Die skurrile Bau-Causa gehört in die Kategorie, wir planen, aber dann kommt es doch etwas anders. Aus der Sanierung des Bestandsgebäudes ist inzwischen eine Art Neubau geworden. Welche Ursachen das hatte, erschloss sich auch dem Kita-Träger "Menschenskinder" nicht vollständig. Wahrscheinlich wäre es von Anfang an günstiger gewesen, gleich abzureißen. Auch von missglückten Ausschreibungen sei die Rede gewesen. Die entsprechenden Firmen vor allem auch zu bestimmten Fristen vor Ort zu haben, war häufig ebenfalls nicht gewährleistet. Nach Angaben von Eltern hätten die Arbeiten über manche Phasen vollständig geruht.
Im Garten sollte zunächst eine vollständige Tiefenenttrümmerung stattfinden, der auch alle Bäume zum Opfer fallen sollten. Ein verlangtes Zweitgutachten hielt einen kompletten Bodenaushub nicht für notwendig. Anschließend wurde auch hier der Beginn mehrfach verschoben. Ebenso wie der Termin für den Wiedereinzug. Von Ende 2017 auf März, dann Mai 2018 und jetzt auf den August. Daran würden die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "mit Hochdruck" arbeiten, erklärte die Bürgermeisterin in ihrem Brief.
Was die Adressaten eher sarkastisch aufnahmen. Der aktuelle Hochdruck bedeute anscheinend, dass es den bis vor Kurzem nicht gegeben habe, formulierten sie in ihrer Antwort. Außerdem hegten sie Zweifel am aktuellen Zeitplan. Das Gebäude sei noch nicht fertiggestellt und die Gartenfläche nicht vorhanden.
Dabei ginge es ihnen auch jetzt nicht darum, die Fronten weiter zu verhärten, betonte eine Betroffene. Aber ein nahes Ende einzufordern wäre doch ihr Recht als Bürger und Wähler. Deshalb verbanden sie ihr letztes Schreiben mit der Hoffnung, dass auch die Urlaubszeit "nicht dem behaupteten Hochdruck im Wege steht".
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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