Eine Uhr tickt wieder – nach rund 30 Jahren Pause
Der Zeitmesser hat schon viel erlebt und gesehen. Vor mehr als 60 Jahren installiert als Teil des Block G-Nord der sozialistischen Musterstraße "Stalinallee", befindet er sich an der Kolonnade zwischen den Gebäuden Frankfurter Allee 5 und 7.
Ungefähr die Hälfte dieser Zeit allerdings im Ruhestand. Denn seit mehr als eine Generation tickte die Uhr am Durchgang in Richtung Liebigstraße nicht mehr. Dass sie einstmals die Tageszeit angezeigt hat, wussten nur noch ältere Jahrgänge. Nicht nur sie waren "emotional berührt", dass das jetzt endlich wieder passiert.
Das Zitat stammt von Rüdiger Rudka. Er wohnt in der Frankfurter Allee 5. Die dortige Eigentümergemeinschaft hat dafür gesorgt, dass die Uhr nach Jahrzehnte langem Stillstand reaktiviert wurde. Am 17. Februar wurde das mit einem Fest gefeiert.
Bürgerschaftliches Engagement
Zu verdanken sei das dem großen bürgerschaftlichen Engagement, streicht Rudka heraus. Oft gegen, zumindest nicht mit Rückenwind der Verwaltung. Und erst recht nicht durch Unterstützung verschiedener Besitzer, denen der Gebäudekomplex seit der Wende gehörte.
Erst als die Wohnungen in Nummer 5 vor einigen Jahren als Eigentumsobjekte, teilweise an die bisherigen Bewohner, verkauft wurden, schlug erneut ihre Stunde. Wenn auch nicht sofort. Bis es so weit war, mussten noch einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.
Eine erste Schwierigkeit habe sich daraus ergeben, dass ihr Standort bereits zu Hausnummer 7 gehörte, erzählt Rüdiger Rudka. Wenn auch direkt auf der Grundstücksgrenze. Als der Zugang geklärt war, wurde der Auftrag ausgeschrieben. Keine Firma zeigte Interesse. Über private Kontakte entstand die Verbindung zu einem Turmuhrbauunternehmen, das die Reparatur übernahm.
Sie kostete rund 6000 Euro. Den Betrag sammelten die Eigentümer durch Eigenbeträge, Spenden und weitere Einnahmen. Zum Beispiel von einer Filmproduktion. Die wollte auf dem Grundstück drehen. Das dafür fällige Salär wanderte ebenfalls in den Uhr-Topf.
Einigung mit dem Denkmalschutz
Dazwischen hätte es immer wieder Einwände des Denkmalschutzes gegeben, sagt Rüdiger Rudka. Ein Streitpunkt war das Schutzmaterial für das öffentliche Zeitanzeigegerät: Die Eigentümerinitiative bevorzuge Kunststoff wegen größerer Schadensresistenz. Das Denkmalamt bestand wie bisher auf Glas.
Aber das Uhrwerk kam so langsam ins Laufen. Bereits am 10. Dezember sollte die Einweihung gefeiert werden – was sich nicht halten ließ, weil das falsche Zifferblatt geliefert wurde.
Dann eben gut zwei Monate später. Bei einem Vorlauf von rund 30 Jahren ist diese Verzögerung zu verschmerzen.
Die "Uhr-Macher" sind natürlich stolz auf das Ergebnis. Es zeige, was Menschen zusammen erreichen können, sagt Rüdiger Rudka. Das ganze Haus mit 17 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten habe mitgezogen. Junge, Alte, alle kamen zum Uhr-Start. Ein Beweis für das Miteinander. Und die Zeit steht nicht mehr still.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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