Aufstellung der Akteure
Endspiel um Zukunft des RAW-Geländes beginnt
Andreas Malich, Berliner Niederlassungsleiter von International Campus (IC), brannte ein Feuerwerk an Vorhaben und Ideen ab. Für eine Kita wäre ebenso Platz wie für eine Schule. Spielflächen, Marktbetrieb, sogar ein Schwimmbad. Ateliers, Gewerberäume, soziale Träger und Initiativen. Generationenübergreifend. Preisgünstige Mieten häufig inklusive.
All das soll auf dem Ostteil des RAW-Areals zwischen Modersohnbrücke und Eingang Dirschauer Straße entstehen, der sich im Besitz von International Campus befindet. Malichs Unternehmen sieht diese Vorhaben als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Erhalt der "RAW-DNA". Viele Goodies für unterschiedliche Zielgruppen, die gleichzeitig ihren Gegenwert haben.
Und der heißt: IC will auf seiner insgesamt 17 000 Quadratmeter großen Fläche auch drei neue Gebäudekomplexe errichten. Bisher wurden dort Wohnungen favorisiert. Was nahe lag, denn die Firma ist auf den Bau von Appartements vor allem für Studenten spezialisiert. Doch darauf wird nicht mehr bestanden. Auch Büros könnten die Neubauten beherbergen. Klar wäre aber: Es müsse die Möglichkeit solcher Investitionen geben, um viele der oben skizzierten Projekte quersubventionieren zu können. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.
Schon deshalb konnte oder wollte Andreas Malich etwa beim avisierten Bauvolumen nur eher allgemeine Angaben machen. Er nannte eine Gesamtgrößenordnung zwischen 45 und 50 000 Quadratmeter. Die Neubauten sollten sich in puncto Höhe am umliegenden Wohnbestand orientieren, also etwa sechs Geschosse. Die Ausnahme bilden zwei Türme, die bis zu zehn Etagen haben sollen.
Gerade diese Fragen sind Teil des weiteren Aushandlungsprozesses, der in den kommenden Wochen in eine entscheidende Phase geht. Mit seiner Präsentation hat sich International Campus dazu positioniert.
Die Qualifikations- und erste K.O.-Phase in Sachen Zukunft des RAW-Areals gab es seit Frühjahr in einem sogenannten Dialogverfahren, bei dem die verschiedenen Mitspieler angetreten sind. Manche Ergebnisse seien ebenso in ihr Konzept eingeflossen wie Umfragen, die die Wünsche der Bürger ermittelt hätten, und auch eine Bedarfsanalyse des Bezirksamtes, erklärte Andreas Malich.
Wohnungsbau auf der Reservebank
Der Dialogprozess hat IC wahrscheinlich auch klar gemacht, dass sie ihre Wohnungsbaupläne in der Finalrunde höchstens auf die Reservebank setzen kann. Denn sie sind für den Bezirk ein absolutes No-Go. Dessen Hauptargument: Durch Bewohner auf dem RAW-Areal würden die ohnehin vorhandenen Konflikte mit der Nachbarschaft weiter verschärft.
Der Bezirk hat vor allem zwei Prämissen. Das RAW soll sich weiterentwickeln, gleichzeitig müsse der Bestand bereits vorhandener Akteure gewährleistet sein. Die werden unter dem Begriff "Soziokulturelles L" zusammengefasst. Darunter zu verstehen sind Gebäude, die, aus der Vogelperspektive betrachtet, etwa das Aussehen dieses Buchstabens ergeben. Sie ziehen sich entlang der Revaler Straße und schwenken dann nach rechts zum Kletterturm und zur Skatehalle.
Dieser Bereich gehört zur Kurth-Gruppe. Ihr Eigentum sind mehr als 50 000 Quadratmeter des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks von der Warschauer bis zur Dirschauer Straße. Für einen kleinen Bereich rund um das Badehaus Szimpla gibt es noch einen weiteren Besitzer.
Rund-um-die-Uhr-Nutzung geplant
Die Kurth-Gruppe, vor allem Juniorchef Lauritz Kurth, ist seit dem Kauf 2015 sehr präsent. Auf ihrem Terrain befindet sich nicht nur die sogenannte Soziokultur, sondern auch viele angesagte Anlaufstellen des Nachtlebens. Der Plan der Kurths lautet: Auf dem Gelände soll es künftig eine Rund-um-die-Uhr-Nutzung geben: Büros, Gewerbe, Dienstleistungen. Ein Beispiel dafür ist die ehemalige Radsatzdreherei. Das Gebäude wird derzeit umgebaut und soll künftig Anbieter vor allem im Musikbereich beherbergen (wir berichteten). Erhalt des Bestands, wenn möglich, bei gleichzeitiger Neugestaltung, lautet das Credo. Was auch auf Neubauten verweist. Etwa entlang der Warschauer Straße.
Ähnlich wie bei International Campus gilt auch bei der Kurth-Gruppe die Gleichung: Je weniger Abstriche es davon gibt, umso mehr Einsatz ist an anderer Stelle möglich. Konkret beim soziokulturellen L. Das ruft wiederum Mitspieler auf den Plan, die die gesamte RAW-Entwicklung kritisch sehen, die mehr Freiflächen einfordern und Verwertbarkeitsinteressen beklagen.
Bei vielen Bereichen handle es sich bisher um Brachflächen, die kaum zugänglich seien und schon deshalb aufgewertet werden sollten, heißt es bei International Campus, ähnlich auch beim Eigentümer Kurth. Erst ihre Pläne sorgten für eine wirkliche Belebung. Und das zum Nutzen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen. Dafür wurde zuletzt verstärkt getrommelt. Interesse und Akzeptanz sollte für die eigenen Pläne geweckt werden. Auch das gehört zu diesem Spiel.
Diskussion wird fortgesetzt
Seine Endrunde geht am 17. November mit einem weiteren Gespräch zur Freiraumwerkstatt weiter. Es findet von 15.15 bis 18 Uhr im Urban Spree auf dem Gelände statt. Zuvor gibt es ab 14 Uhr einen Rundgang. Treffpunkt ist am Tor 2, gegenüber Revaler Straße 10.
Nach weiteren Fach- und Lenkungsgesprächen soll das Gesamtkonzept Anfang 2019 in der Bezirksverordnetenversammlung vorgestellt werden. So erhofft und erwartet das zumindest International Campus. Ebenso wie einen Aufstellungsbeschluss im ersten Quartal des kommenden Jahres. Aber selbst wenn das so eintritt, könne es noch bis zu fünf Jahre dauern, ehe alles fertig sei, schätzt Andreas Malich.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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