Es muss wilder werden: Baukollegium befasst sich mit Turm auf dem Anschutz-Areal
Der Begriff "Wolkenkratzer" wirkt für Berlin eher deplatziert. Dank Traufhöhe gibt es nur wenige Gebäude, für die dieser Begriff wirklich angemessen ist.
Das geplante Hochhaus an der Warschauer Brücke auf dem Anschutz-Areal gehört dazu. Seine 36 Stockwerke sollen um die 140 Meter in den Himmel ragen. Die Gesamtmietfläche wird mit rund 60 000 Quadratmeter angegeben, davon 50 000 für Büros. 5000 Arbeitsplätze sind in dem Turm vorgesehen. Bauherr ist die Edge Technologies, ein Tochterunternehmen der OVG Real Estate. Kolportiertes Investitionsvolumen: bis zu 400 Millionen Euro.
Das Vorhaben, das bisher den Arbeitstitel East Side Tower Berlin (ETB) trägt, wurde am 14. Mai bei der Sitzung des Baukollegiums in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Fehrbelliner Platz vorgestellt. Jenem Gremium, das Staatssekretärin und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher in architektonischen Fragen berät. Zu befassen hatten sich die Mitglieder mit einem Entwurf des Büros Bjarke Ingels Group aus Kopenhagen.
Die Dänen waren aus einem Wettbewerb mit zwei weiteren Mitbewerbern Anfang 2017 als Sieger hervorgegangen. Ihr Turmprojekt solle nach außen wirken, aber auch Elemente der Umgebung aufnehmen, erläuterte Sprecher David Zahle. Die Skizzen zeigten ein Mega-Hochhaus, das, je nach Himmelsrichtung, mal an ein Bergmassiv, mal an einen Schiffsbug erinnert. Was vor allem daran liegt, dass die Fassade durch asymetrisch angeordnete Terrassen aufgelockert wird. Eine große öffentliche Freifläche soll es auf dem Dach geben, ebenso wie Restaurants oder Cafés, nicht nur ganz oben. Die zumindest teilweise Zugänglichkeit, in der Gesamtsumme immerhin einige tausend Quadratmeter, kann ebenfalls unter dem Begriff Außenwirkung festgemacht werden.
Ob die allerdings mit dem Entwurf und dem damit auch postulierten Einbeziehen der Umgebung erreicht wird, daran hegte das Baukollegium einige Zweifel. Das Ganze wäre "zu glatt", meinte Sprecherin Verena Brehm. Mehr "wild und roh" müsse es werden, sekundierte Regula Lüscher gerade im Hinblick auf die Gegend. "Wenn Grün, dann richtig Grün." Nötig wäre deshalb noch eine "andere, knifflige Idee", was vor allem den Sockel betreffe. Der verbinde das Gebäude mit Kreuzberg, wie sie sagte. Gemeint war natürlich Friedrichshain. Für beide Bezirksteile galt ihr Schlusssatz: "It's here not Shanghai or Singapur. It's Berlin."
Angemahnt wurde auch ein Öffnen für Angebote aus dem Kiez, etwa im Bereich Soziales oder Kultur. Nicht nur von Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne), der darauf regelmäßig verweist. Der Investor zeigte in dieser Richtung Gesprächsbereitschaft. Wenn auch nicht gerade überschäumend vorgebracht.
Abgesehen von der Kritik mangelnder Wildheit könne das Baukollegium der Nutzungsverteilung und der Programmatik der Hochhauspläne gut folgen, wurde ebenfalls betont. Was, selbstverständlich versehen mit den entsprechenden Anregungen, zumindest von dieser Seite den weiteren Fortgang des Vorhabens wahrscheinlich nicht grundsätzlich ausbremst. Geplant ist ein Baubeginn 2019, die Fertigstellung zwei Jahre später.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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