Vier Kuben auf Klinkersockel
Friedhof der Märzgefallenen: Siegerentwurf für Besucherzentrum gekürt
Verglaste Kuben und ein begrüntes Dach: Der Siegerentwurf für das neue Besucherzentrum auf dem Friedhof der Märzgefallenen ist gekürt. Ein Termin für den Baubeginn wird allerdings noch nicht genannt.
Vor sieben Monaten startete der Realisierungswettbewerb. Ausgelobt hatte ihn die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) als Bauherrin im Auftrag des Landes. Nun steht der Siegerentwurf für das künftige Besucherzentrum auf dem Friedhof der Märzgefallenen (Gedenkort) fest. Er stammt vom Berliner Architekturbüro AFF Architekten zusammen mit der Landschaftsarchitektin Birgit Hammer von Landschafts.Architektur. Ihr Entwurf „besticht durch seine spezifische Ästhetik und bietet im Inneren wie auch im Äußeren kontemplative als auch kommunikative Bereiche, die der Funktion eines Besuchszentrum zur Vermittlung von Demokratiegeschichte an diesem besonderen Ort in hervorragender Weise gerecht werden“, urteilte Matthias Reese, Vorsitzender des Preisgerichts.
Der Neubau entsteht auf einem rund 600 Quadratmeter großen Areal östlich des Friedhofs. Das Grundstück hat die BIM dem benachbarten Vivantes-Klinikum abgekauft. Denn der Friedhof der Märzgefallenen ist ein Gartendenkmal, somit verbietet sich das Bauen dort. Vier verglaste Kuben schlagen die Architekten für das neue Haus vor. Die Kuben sind gekreuzt angeordnet und bilden mit einem Sockel aus recycelten Klinkersteinen eine architektonische Einheit. Der Baukörper korresponiert dabei bewusst mit der historischen Friedhofsmauer. Sein Plateau ist nicht höher als das Klinikum und sattelt alle öffentlichen Funktionen auf. Hinzu kommt ein begrüntes Dach in traditioneller Holzrahmenbauweise. Spezielle Herausforderung für die Architekten: „Einen Bau zu schaffen, der keine Konkurrenz zum Gedenkort ist“, so Ulrike Dix von AFF Architekten. „Der sich angemessen einfügt, ohne sich zu wichtig zu nehmen“, ergänzte Landschaftsarchitektin Birgit Hammer. Für den kleinen Platz am Friedhofseingang Landsberger Allee haben die Architekten zudem einen Brunnenkubus mit Bänken vorgeschlagen, als „schönen Ort, der einlädt“, so Hammer.
Einziehen sollen in das Besucherzentrum Multifunktionsräume für Ausstellungen, Veranstaltungen, die pädagogische Arbeit und Arbeitsplätze für die Mitarbeiter des Paul-Singer-Vereins. Der Trägerverein kümmert sich seit 2009 um die Erinnerungsstätte und soll auch das neue Zentrum betreiben. „Das Besuchszentrum ist ein Quantensprung für unsere Arbeit am Gedenkort“, sagte Leiterin Susanne Kitschun. „Bisher waren wir komplett vom Wetter abhängig. Nicht ganz einfach bei ganzjährigen Angeboten und wenn die Gedenktage der 18. März und 9. November sind.“ Bisher hat der Verein nur einen Container für seine Bildungsarbeit. Ein Notbehelf, „der für alles Praktische nicht mehr ausreicht“. Denn die Besucherzahlen des Friedhofs, der heute ein Lern- und Erinnerungsort ist, steigen seit Jahren. Rund 20 000 sind es im Jahr. Auch die Freiluftausstellung des Vereins existiert seit zehn Jahren nur provisorisch. Das neue Besucherzentrum soll dafür künftig bessere Möglichkeiten bieten. „Dann können wir endlich auch Originale zeigen“, so Kitschun.
Für den Neubau sind 6,2 Millionen Euro bewilligt. Bund und Land zahlen jeweils die Hälfte. Wann Baubeginn sein wird, ist noch unklar. Bis Ende 2026 könnte das Besucherzentrum aber fertig sein, so jedenfalls der Plan. Während der Baumaßnahme soll der Krankenhausbetrieb nebenan möglichst nicht gestört werden.
Zweite und dritte Plätze wurden beim Wettbewerb ebenfalls vergeben. So ging der zweite Platz an Romina Streffing Architektin mit Lichtelandschaften, der dritte Platz an das Büro Moeller Soydan Architekten mit Henningsen Landschaftsarchitektur. TRU-Architekten mit dem Landschaftsachitekturbüro Holzwarth erhielten eine Anerkennung. Die Wettbewerbsentwürfe sind noch bis zum 3. Dezember auf dem Friedhof ausgestellt. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, am Wochenende von 11 bis 16 Uhr.
Auf dem Friedhof der Märzgefallenen sind 255 Opfer der Berliner Märzrevolution 1848 begraben. Der Totenacker wurde eigens für sie angelegt. Er ist damit nicht nur ein authentischer Ort der Revolutionsereignisse, sondern wurde bewusst als Denkmal zur Erinnerung an die Revolution und die gefallenen Barrikadenkämpfer hergerichtet. Viele der Berliner, die am 18. März 1848 für ein besseres Leben und Freiheitsrechte auf die Straße gingen, waren einfache, oft junge Leute und zumeist bitterarm. Zahlreiche Lehrlinge, Handwerker und Arbeiter waren dabei, auch einige Frauen. Auch rund 30 Tote der Revolution von 1918 sind auf dem Friedhof bestattet. Übrig geblieben sind aber nur noch wenige Gräber, da der Friedhof mehrfach umgestaltet wurde.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.