Investor renoviert Denkmal an der Andreasstraße
Seit Anfang der 60er Jahre steht es an dieser Stelle. Allerdings ist das Monument schon weitaus älter. Es wurde 1898 vom Bildhauer Wilhelm Haverkamp (1864-1929) gestaltet und hatte seinen ursprünglichen Standort einige Meter weiter nordwestlich auf dem Ende des 19. Jahrhunderts neu gestalteten Andreasplatz zwischen der heutigen Singerstraße (damals Grüner Weg) und der Kleinen Andreasstraße. Dort war der Handwerker Teil eines Sitzbank-Ensembles, zu dem auch die Skulptur "Mutter mit Kind" von Edmund Gomansky gehörte. Sie befindet sich heute im Volkspark Friedrichshain.
Haverkamps Standbild blieb dagegen im Kiez, als der Andreasplatz verschwand, und bekam an seinem neuen Platz sogar einen Sockel. Die Darstellung eines Schmieds, dessen Sohn nach dem Hammer greift und damit ein Fortsetzen der familiären Berufstradition symbolisiert, gilt heute als letztes noch vorhandenes Arbeiterdenkmal aus der wilhelminischen Zeit in Friedrichshain.
Zuletzt fand es allerdings vor allem bei Graffitisprayern Beachtung, die sich an der Stütze verewigten. Sie scheint außerdem marode zu sein. Und der einst weiße Marmor, aus dem die Figuren hergestellt wurden, schimmert inzwischen grün und grau.
Das soll sich jetzt ändern. Denn der Handwerker wird renoviert. Zu verdanken ist das dem niederländischen Immobilienentwickler BPD, der hinter der Freifläche zwischen dem Seniorenzentrum Bethel und dem Andreas-Gymnasium eine Gartenhausanlage mit 60 Eigentumswohnungen baut. Unter dem Namen "Bouwfonds", den ihr Unternehmen bis Ende vergangenen Jahres trug, waren die Holländer seit 1946 am Bau von rund 300.000 Wohnungen in Europa beteiligt. Allerdings bisher nicht in Berlin. Das Gartenhaus ist hier ihre Premiere.
Mit der wollen sie sich möglichst positiv einführen und starteten schon vor dem ersten Spatenstich eine Charme-Offensive. Mit dem Andreas-Gymnasium haben sie Unterrichtsstunden zum Thema Projektentwicklung vereinbart. Im Seniorenzentrum informierte Han Joosten, Leiter der Berliner Niederlassung, bei Tulpen und Kaffee über das Bauvorhaben.
Der Höhepunkt des rührigen Punktesammelns ist aber die Reparatur des Handwerkers. Dafür will die BPD einen "fünfstelligen Betrag" springen lassen.
Beifall gibt es dafür aus dem Bezirk, dem nicht nur beim Arbeiterdenkmal die Mittel fehlen, um solche Erinnerungsstücke im öffentlichen Raum in Schuss zu halten. Mit Finanz- und Kulturstadträtin Jana Borkamp und Baustadtrat Hans Panhoff (beide Bündnis 90/Grüne) rückten gleich zwei Stadträte zur Vertragsunterzeichnung am 21. April vor dem Monument an. Sie freue sich, dass der Bauherr diese Kunst vor seinem Neubau entdeckt habe, sagte Jana Borkamp. "Man könnte sagen: Schöner Wohnen mit Denkmal." "Wo neu gebaut wird, schaut man hin", ergänzte Kollege Panhoff. "Dass dieses Interesse hier mit stadtgeschichtlichen Zeugnissen verknüpft wird, ist ein Glücksfall, weil identitätsstiftend."
Wären der Handwerker und sein Sohn aus Fleisch und Blut, würden sie sich wahrscheinlich über die veränderten Zeitläufe wundern, denen sie in ihrer Geschichte bisher ausgesetzt waren. Errichtet in Zeiten von Kaiser Wilhelm II. um dem oft harten Los der Werktätigen ein Denkmal zu setzten, im Arbeiter- und Bauernstaat DDR zwar empor gehoben, aber eher lieblos in einer Grünanlage abgestellt, werden sie künftig zu einer Art schmuckem Eingangsportal eines Karrees mit Eigentumswohnungen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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