"Feiger Mordanschlag": Eskalation in der Rigaer Straße

An der Ecke Rigaer- und Liebigstraße kommt es immer wieder zu Attacken auf Polizisten und ihre Fahrzeuge. | Foto: Thomas Frey
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Die offizielle Mitteilung der Polizei war einigermaßen zurückhaltend verfasst. Dass die Tat aber auch dort als perfide bewertet wurde, ließ sich aber unschwer herauslesen.

Am 3. April flog in der Rigaer Straße vermutlich ein Stein gegen die Frontscheibe eines Einsatzwagens, der mit drei Beamten des Abschnitts 51 besetzt und in Richtung Zellestraße unterwegs war. Die Insassen "retteten sich und das Fahrzeug aus der Situation", konnten sich also in Sicherheit bringen. Sie mussten ihren Dienst beenden und wurden ärztlich untersucht.

Dieser Angriff war nur einer von vielen auch in den Tagen zuvor. Er wurde aber als besonders schwerwiegend eingestuft und sorgte für scharfe Reaktionen. Von einem "feigen Mordanschlag" sprach Dirk Bork, Personalratsvorsitzender der Direktion 5 und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Linksautonome nehmen schwere Verletzungen und selbst den Tod von Polizeibeamten billigend in Kauf". Auch Kurt Wansner, CDU-Abgeordneter für Friedrichshain-Kreuzberg, sah hier einen "Mordversuch". "Wir können von Glück sagen, dass zumindest äußerlich kein Kollege verletzt wurde", hieß es in der offiziellen Stellungnahme der GdP. Sie bezog sich auch auf die vorangegangenen Attacken.

Am späten Abend des 29. März bewarfen Unbekannte an der Kreuzung Rigaer- und Liebigstraße einen Gruppenwagen mit einem Stein. Kurz nach Mitternacht flogen ebenfalls an dieser Stelle rund 30 Pflastersteine auf zwei Fahrzeuge einer Einsatzhundertschaft. Durch den Steinehagel wurden auch vier geparkte Autos beschädigt.

Polizeieinsatz in der Rigaer94

Auslöser für die erneute Eskalation war ein Polizeieinsatz am Gründonnerstag im und um das bekannte Gebäude Rigaer94. Er galt einem Mann, der in der Zellestraße festgenommen wurde. Der 41-Jährige wird beschuldigt, am 11. März auf der Liebigstraße einen Mann zu Boden geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt zu haben. Außerdem soll er vier Tage später einen Polizisten aus wenigen Metern Entfernung mit Reizgas besprüht haben. Eher durch Zufall ging dabei eine weitere, mit Haftbefehl gesuchte, männliche Person ins Netz. An dem rund dreistündigen Einsatz waren rund 350 Beamte beteiligt. Vor Beginn kreiste ein Hubschrauber und erkundete, ob sich Menschen auf den Dächern aufhalten. Das Großaufgebot sorgte teilweise für Kritik. Es zeigte gleichzeitig, wie brisant die Lage in der Rigaer Straße eingeschätzt wird.

Die Linksautonomen werteten es anscheinend als Kampfansage und drehen seither verstärkt an der Gewaltspirale. Nicht nur in Form von Steinwürfen auf Polizeiautos. Auf einer szenebekannten Online-Plattform wurden Fotos von 17 an dem Einsatz beteiligten Polizisten veröffentlicht. Gleiches passierte bereits im Dezember, damals waren es sogar 54 solcher "Portraits".

Nach den jüngsten Ereignissen wird einmal mehr nach entsprechende Gegenreaktionen gerufen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) müsse "endlich durchgreifen" fordert Kurt Wansner. Die Gewerkschaft der Polizei beklagt, dass "terroristische Straftaten kleingeredet werden". Der Senat müsse endlich ein Konzept entwickeln, "wie wir im Sinne der Sicherheit dieser Stadt, dem unbeschwerten Leben der friedlichen Anwohner sowie der Gesundheit unserer Kollegen die Situation zeitnah, aber auch nachhaltig verbessern können".

Fall "Kadterschmiede" erneut vor Gericht

Ganz einfach scheint das nicht zu sein. Das zeigte sich im Sommer 2016, als ebenfalls ein großes Polizeiaufgebot gegen die Kneipe "Kadterschmiede" in der Rigaer94 vorging. Weil es für diese Aktion aber weder einen Räumungstitel gab, noch ein Gerichtsvollzieher vor Ort war, hielt sie ein Gericht zumindest in dieser Form für rechtlich nicht gedeckt. Die Beamten mussten nach einigen Tagen wieder abziehen. Der damalige Innensenator Frank Henkel (CDU) stand in der Kritik. Die Szene triumphierte.

Das Thema "Kadterschmiede" beschäftigt seither weiter die Justiz. Einen erneuten Gerichtstermin in dieser Sache gibt es am 14. Mai. Er birgt, zumindest ist das zu befürchten, ebenso weiteres Konfliktpotential wie der nahende 1. Mai.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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