Stadtspaziergang
Den Kiez rund um den Helsingforser Platz entdecken

RAW-Gelände: Grüne Oase und Knatterkisten für Erwachsene. | Foto: Bernd S. Meyer
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  • RAW-Gelände: Grüne Oase und Knatterkisten für Erwachsene.
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Dieses Mal lade ich Sie zum Helsingforser Platz ein. In königlichen Zeiten bog dort Berlins Akzisemauer, von der Weberwiese kommend, ohne Durchgang zu Spreeufer und Oberbaum ab. Ein Dreieck seit 1907, an dem sich drei alte Straßen treffen, größtenteils mit Berliner Mietshäusern aus der Zeit um 1900.

Zur Revaler steht industrieller Typenbau der frühen Achtziger – wie die Kaiserzeit-Häuser an die Straßenführung als Blockrand angepasst, die Platzfassade sogar mit einem Knick. Sechs Etagen, viele Balkone, auch an der Marchlewski- sowie der Helsingforser Straße um die Ecke. Am Platz ebenerdige Ladenlokale: Das größere am Helsingforser Platz 1 dient seit 1985 der Fotogalerie Friedrichshain, die dort, einst als Städtische Galerie gegründet, über die Zeiten mit engagierten Ausstellungen durchhielt. Nebenan waren damals Galerie-Klubräume, Begegnungsorte. Dort residiert seit zehn Jahren als freundlich-gutsortierte Büchertausch-Zentrale mit Adresse Helsingforser Straße 39 der Medienpoint Friedrichshain. Der Kulturring Berlin betreibt beides als berlinweiter gemeinnütziger Verein.

Kein Geheimtipp seit 1985: Die Fotogalerie Friedrichshain am Helsingforser Platz zeigt bis 10. Oktober Dokumentarfotografie aus Namibia. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Kein Geheimtipp seit 1985: Die Fotogalerie Friedrichshain am Helsingforser Platz zeigt bis 10. Oktober Dokumentarfotografie aus Namibia.
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Der kleine Platz bietet Grünflächen, diverse Poller, erneuerten Wege- und Straßenbelag. Ältestes Inventar sind eine Reihe Eiszeit-Findlinge. Gleich daneben steht eine „Plumpe“, offiziell Straßenbrunnen. Von denen gibt es 2000 in Berlin, 140 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, knapp die Hälfte davon rechts des Spreeufers. Dieser hier ist die Nummer 16 und vom Typ „Neue Krause“, Jahreszahl 1969. Hebt man den Blick, sieht man erstaunlich nah eine Turmhausparade. Wussten Sie, dass einige der markantesten Hochhäuser Berlins in Friedrichshain stehen? Kleinstes von ihnen ist das „Hochhaus Weberwiese“ genau in der langen Flucht der Marchlewskistraße, 71 Jahre alt, gerade mal 35 Meter hoch. Aber in Berlin als erstes nach dem Krieg neun-, zehngeschossig gebaut, ragte es strahlend hell über die Innenstadt-Trümmerflächen, wurde zum Symbol des Neuaufbaus.

Das "Hochhaus an der Weberwiese" aus den frühen 1950er-Jahren überragt mit seinen 39 Metern Höhe immer noch die Straßenbäume an der Marchlewskistraße.  | Foto: Bernd S. Meyer
  • Das "Hochhaus an der Weberwiese" aus den frühen 1950er-Jahren überragt mit seinen 39 Metern Höhe immer noch die Straßenbäume an der Marchlewskistraße.
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1970 ist am Alexanderplatz das Hotel Stadt Berlin (heute „Park Inn“) mit 125 Metern als damals höchstes Haus Berlins eingeweiht worden. Etwas außerhalb folgte in den Siebzigern der berühmte Steglitzer Kreisel mit 120 Metern. Die 1990er-Jahre brachten mit dem 125-Meter-Turm der „Treptowers“ gleich hinter der Spree einen neuen Spitzenreiter. Überragt wird er aber seit diesem Jahr vom nahen East Side Tower Berlin, der 142 Meter hoch von der Südostseite der Warschauer Brücke den Schatten eines Wolkenkratzers über Friedrichshain wirft.

Der seit 2022 im Bereich Media Spree, Tamara-Danz-Straße, fertige Stream Tower mit 97,5 Metern kann da nicht mithalten. Alleinstellungsmerkmal hat dagegen in dieser Reihe der „Narva-Turm“ an der Rotherstraße gleich hinter der Südostseite der Warschauer Brücke. 1909 mit zehn Geschossen nur gut 40 Meter hoch, wurde er in den frühen 60er-Jahren um einen gläsernen Laborkubus erhöht. Im Jahre 2000 erreichte er mit neuem Glasaufbau und nun 16 Etagen 63 Meter Höhe. Er gilt als eines der frühen deutschen Hochhäuser und als Berlins erstes.

1909 erbaut: Berlins erstes Hochhaus, der Narva-Lichtturm, östlich der Warschauer Brücke, ist im Jahre 2000 mit den neuen Glas-Etagen auf 63 Meter gewachsen.  | Foto: Bernd S. Meyer
  • 1909 erbaut: Berlins erstes Hochhaus, der Narva-Lichtturm, östlich der Warschauer Brücke, ist im Jahre 2000 mit den neuen Glas-Etagen auf 63 Meter gewachsen.
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Die Gegend um die Warschauer ist ein alter Verkehrsknoten. Seine Geschichte begann, als 1842 der erste Zug der Berlin-Frankfurter Bahn vom heutigen Ostbahnhof im alten Stralauer Viertel abfuhr und man in der damaligen Berliner Akzisemauer extra ein Tor für den Schienenstrang öffnete. 1884, als die neue Stadtbahn schon mit Ring- und Fernbahn verbunden war, kam der Haltepunkt Warschauer dazu, der laufend ausgebaut wurde, später auch mit Brücke samt Bahngebäude. Anfang 1902 eröffnete die Hochbahngesellschaft ihre erste Strecke von Charlottenburg bis Stralauer Tor, am 17. August um 380 Meter bis Warschauer Brücke verlängert. Schon ab Oktober 1901 war vom Hochbahn-Endbahnhof die „Flachbahn“ über Warschauer, Petersburger und Thaerstraße zum damaligen Centralviehhof gestartet. Eine zweite Flachbahn führte ab 1910 über die Revaler durch die Gemeinde Boxhagen-Rummelsburg bis zum Lichtenberger Wagnerplatz. 1928 ist sie als letzte Privatbahn ins Städtische Straßenbahnnetz übernommen worden.

Der S-Bahnhof Warschauer Straße präsentiert sich längst im  aktuellen Look.  | Foto: Bernd S. Meyer
  • Der S-Bahnhof Warschauer Straße präsentiert sich längst im aktuellen Look.
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Heutzutage quert die Helsingforser die Wendeschleife der M10 und M13, die beide auch Teilstrecken der einstigen Flachbahn durch die alten Stadtquartiere nördlich der Spree befahren. Auf der Revaler gibt es jenseits der Warschauer keine Schienen mehr. Aber entlang der alten Ziegelmauer des RAW kann man die längste Plakat-Anschlagstrecke Berlins bestaunen. Dahinter, auf dem RAW-Gelände, einst Sitz des Reichsbahnausbesserungswerkes „Franz Stenzer“, ist heutzutage ein bunter Ort der Popkultur Berlins. Dort wandelte sich einstige kleinteilige Szene-Kiezkultur in große offene Freiräume.

Der Spaziergang beginnt am Sonnabend, 16. September, 11 Uhr. Treff: Ecke Revaler- und Marchlewskistraße. ÖPNV: S/U Warschauer Straße, 5 min Fußweg über Warschauer Brücke; M10, M13 Die Tour wiederhole ich am Sonnabend, 23. September, 14 Uhr. Die Teilnahme kostet dann neun, ermäßigt sieben Euro. Anmeldung unter Tel. 442 32 31

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche und des Spandauer Volksblatts kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: Am Montag, 11. September, in der Zeit von 10 bis 12 Uhr anrufen unter Tel. 887 27 73 02.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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