Gedanken
Hans Magnus Enzensberger verstarb mit 93 Jahren

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Hans Magnus Enzensberger starb im Alter von 93 Jahren

Der Jahrhundertlyriker und Essayist, Gründungsmitglied der Gruppe 47, ist gestern in München gestorben. Er war das Gewissen und eine erhobene Stimme der deutschen Dichtung.. 1929 in Kaufbeuren geboren, machte er mit einfacher, bestechend klarer Sprache Lyrik und wurde nie erratisch. Seine Welt lernte ich 2000 kennen. Er schrieb damals ín der Reclam Sammlung 33 Gedichte über die RAF und auch von Wirtschaftswundern. 2003 bekam ich von ihm Die Geschichte der Wolken. Hier meditierte er in 99 musikalischen Stücken vom Wolkengewicht. Später kaufte ich mir Das Museum der modernen Poesie, welches er editierte und welches die moderne Poesie prägte. Da ging es von naturalistischer und expressionistischer Metrik zu den Bildern der 60er. Er war SPD Mitglied und ist einer von vielen, die dies waren: Kunert oder Grass oder Lenz.. Er schrieb auch unter Synonym und brachte ein kolossales Poetisches Werk hervor. Ganz gewiss ist er dazu auserkoren, nicht vergessen zu werden. Auch schrieb er Kinderbücher, wobei ich von Hanser vor 3 Monaten Die Rückkehr vom Struwwelpeter wollte, um sie zu besprechen. Leider bekam ich sie noch nicht. Auf meiner Agenda habe ich das Einschlafbuch für Mathematik.... Das soll man unters Kopfkissen legen um keine Angst vor der Rechnerei zu haben. Er machte auch Hörspiele zb die Bakunin Kassette. Ein großes Prosastück kenne ich nicht. Er bekam zahlreiche Würdigungen, unter anderem den Georg Büchner Preis. Frisch und Bachmann schrieb er, auch Celan usf.. Piper und Suhrkamp gaben zuletzt den Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und ihm heraus.
Was ich hervorheben möchte, ist eben Die Geschichte der Wolken. Es ist so eingängig und schön. Es beeinflusste mich und machte mir auch Angst, da ich damals die Bücher auf mich bezog, dh ich meinte er würde über mich schreiben. Das war etwas psychotisch, aber im Nachhinein interessant. An anderer Stelle schrieb ich vom Prägnanten Moment oder vom elektrischen Sturm. Tatsache war, dass damals das Lied The electrical Storm von U2 herauskam und ich das Lied zum ersten Mal in dem Moment hörte, da ich das Gedicht las- Das ist nicht gut Dinge auf sich zu beziehen. Ich schrieb nachher ein Manuskript, ich nannte es Tagebuch, da wollt ich ihn kopieren.. Das erschien in Lichtwechsel. Das Buch gibt es nicht mehr. Ich teile einen Auszug. Es gab keinen wichtigeren Dichter in Deutschland. Und seine freie Gesinnung ließ ihn sogar aus der Hitlerjugend ausscheiden. Er war mal unbequem aber unheimlich gut. Von der Geschichte der Wolken gibt es sogar von Suhrkamp eine Premiumausgabe, da er signierte... Die wird jetzt viel wert.. Hier ein Gedicht in seiner Art, es zeigt den Spiegel, den er mit seinen Gedichten aufzuzeigen suchte:

Spiegelbild

ich sah in dem blatt meine augen durch worte versteckt
meine wangenknochen die lippen
und meine nase gepresst
in zeilen und worte verschnürt in licht und schatten gestellt
in schwarz und weiss schemenhaft
über die seite verzerrt gekrümmt
in einem buch ein dichter versteckt auf einem
blatt voll von wahrheit geschnürt und gebunden
es war ich
doch die seite
das bin ich nicht
sagst du
du siehst zuviel
auf dem blatt das ist doch kein buch in denen tage bedeutung hätten
und gesichter
das ist spiegel für alle menschen
das ist biblisch
und du bist kindisch dich so zu fürchten das ist analytisch
und es ist keine deutung deines letzten traumes
das ist die freiheit einer metapher
ein spiegelbild

Uwe Kraus 2004

Autor:

Uwe Kraus aus Friedrichshain

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