Kreuzberger drehen Dokumentation über East Side Gallery
Das ist, kurz zusammengefasst, die bisherige Geschichte der East Side Gallery. Etwas ausführlicher wird sie jetzt in einem zweistündigen Dokumentarfilm gezeigt, der am 8. Januar in mehreren Kinos anläuft.
Gedreht haben ihn die beiden Kreuzberger Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies. Ihr Werk ist gleichzeitig eine Art Jubiläumsgeschenk. Denn Anfang 1990, also vor 25 Jahren, haben Maler aus aller Welt dieses Teilstück am ehemaligen Todesstreifen für ihre Zwecke okkupiert.
Für Kaper und Szusties rückte die Kunstmeile allerdings erst knapp zwei Jahrzehnte später wirklich in ihr Blickfeld. Im Jahr 2009 wurde die East Side Gallery umfassend saniert und die meisten Bilder neu aufgetragen. Das mehrwöchige Spektakel weckte ihr Interesse. Seither beobachteten sie das Treiben entlang des 1,2 Kilometer langen Betonwalls regelmäßig mit ihrer Kamera. Künstler, allen voran Kani Alavi, die treibende Kraft des Vereins East Side Gallery, kommen ebenso zu Wort, wie Reisende aus aller Welt, für die ein Abstecher an die Mühlenstraße zum Pflichtprogramm einer Berlinvisite gehört.
Es geht um wirkliches Interesse an einem einmaligen Freiluft-Gemäldeensemble, um ein typisches Berlinmotiv, aber auch um Grenzüberschreitungen an diesem ehemaligen Grenzort, ausgedrückt durch Kritzeleien auf den Bildern. Um Klagen über den Zerfall und das Durchlöchern eines historischen Monuments, ausgedrückt durch die Neubauten entlang der Mauer. Dagegen regte sich 2013 massiver Protest, der aber inzwischen weitgehend abgeebbt ist. Das alles wird im Film noch angereichert mit historischem Material aus den Anfangstagen der East Side Gallery.
So entstand ein Werk, dass die Ambivalenz Berlins zu diesem besonderen Monument ganz gut ausdrückt. Das unterschiedlich wahrgenommen wird und bei dem bis heute nicht so recht geklärt ist, wofür es eigentlich stehen soll. Ein Erinnerungsort, der in einem besonderen Moment der Geschichte konserviert und gleichzeitig verfremdet wurde? Ein Treffpunkt für zumeist internationales Publikum, was von vielen Einheimischen eher als Ballermannisierung beklagt wird? Ein Beispiel für den noch immer häufig schwierigen Umgang der Stadt mit ihrem Erbe aus der Zeit der Teilung? Und auch um die Frage, welche nachhaltige und schützenswerte Bedeutung diese Kunst im öffentlichen Raum haben sollte? Dazu passen auch die weiter anhaltenden Debatten um die Übernahme der East Side Gallery in die Stiftung Berliner Mauer und ihre Finanzierung.
Die Dokumentation beantwortet diese Fragen nicht, sondern wirft sie nur auf. Es sei auch nicht darum gegangen, für eine Interessengruppe Partei zu ergreifen, sagen die Macher. Eher um eine Hommage an einen außergewöhnlichen Ort.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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