Martin Wiebel gab Vorsitz im KulturRaum Zwingli-Kirche ab
Natürlich ist es schön, wenn sich jemand nicht für unentbehrlich hält. Aber Martin Wiebel war seit Beginn der Vorsitzende und damit das Gesicht des KulturRaums Zwingli-Kirche. Einschließlich all dessen, was dort seit 2007 in Form von Ausstellungen und Veranstaltungen auf die Beine gestellt wurde.
Martin Wiebel wurde 1943 in der Rotherstraße geboren und in der Zwingli-Kirche getauft. Sein Urgroßvater war Maximilian Koch, der das Quartier Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute. Das Kriegsende und die Teilung Berlins vertrieben die Familie. Wiebel macht Karriere als Filmproduzent und Dramaturg. Komödien wie "Männerpension" von Detlev Buck gehören ebenso dazu wie Arbeiten mit Volker Schlöndorff oder Margarete von Trotta. Bis 2003 war Wiebel Professor an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg.
In seinem Werkverzeichnis fällt auch auf, dass er seit den 1990er Jahren Filme verantwortete, die die deutsche Teilung zum Thema hatten. Etwa "Das Versprechen" oder "Nikolaikirche", beide 1995 entstanden. In diese Zeit fällt auch die Wiederannäherung an den Heimatkiez. Ausschlaggebend dafür war zunächst der Kampf um das Eigentum seiner Familie. Als der ausgefochten war, blieb Martin Wiebel und bezog seine elterliche Wohnung.
2004 erschien sein Buch "East Side Story" über das Quartier. Das gesammelte Material auch in einer Ausstellung zu zeigen, war danach sein Ziel. Was ihn wiederum mit dem KulturRaum in Verbindung brachte.
Der sei damals von jungen Leuten gegründet worden, die aber das Ganze nicht so richtig in den Griff bekamen, erinnert sich der Professor. Er gelangte schnell an die Spitze. "Mir ging es zunächst darum, die Ausstellung zu realisieren. Und zwar im Jahr 2008 zum 100. Geburtstag der Zwingli-Kirche."
Das gelang. Sie wurde ein großer Erfolg. Ihr folgten weitere Ausstellungen, zum Beispiel 2011 zum 50. Jahrestag des Mauerbaus. Dabei ging es bereits nicht mehr allein um den Rudolfkiez. Dazu kamen Filmvorführungen, Lesungen, Konzerte oder Zeitzeugengespräche. Auch ein Zeitzeugenarchiv hat der Verein eingerichtet.
Parallel dazu sicherte sich der KulturRaum durch einen Vertrag eine langfristige Nutzung des Gotteshauses. Und er aquirierte 2013 rund eine halbe Million Euro Lottomittel, mit denen vor allem eine Heizung eingebaut wurde. Gerade diese beiden Meilensteine seien ihm besonders wichtig gewesen, sagt Martin Wiebel. Und nicht nur deshalb sieht er das Haus gut bestellt.
Sein Rückzug verlaufe parallel zu den Veränderungen im Rudolfkiez, findet er. "Die Gegend bekommt immer mehr die Bevölkerungsstruktur, die sie schon vor 100 Jahren hatte." Mittleres Bürgertum, viele Beamte ziehen inzwischen hierher.
Als Zeichen sieht er es deshalb auch, dass ihm jetzt jemand nachfolgt, der erst seit Kurzem in dieser Gegend wohnt. "Mir ist bei unseren Veranstaltungen immer wieder ein regelmäßiger Besucher aufgefallen. Als ich ihn ansprach, stellte sich heraus, er heißt Peter Rose, war Kaufmann und ist mit dem Ruhestand in den Kiez gekommen." Martin Wiebel überredete ihn, den Vorsitz im KulturRaum zu übernehmen, was bei der Mitgliederversammlung am 16. April passiert ist.
Er selbst sei aber auch künftig nicht aus der Welt, sagt der Professor. "Ich bleibe Programmverantwortlicher." Seine Zeit will er für ein weiteres Buch nutzen. Es soll von seiner Großmutter Margarete handeln. Sie war die Lieblingstochter von Maximilian Koch, mit dem einst die Geschichte des Rudolfkiezes begann.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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