Morde im Modemilieu: Ein Krimi, in dem Friedrichshain eine Hauptrolle spielt

Ein Ort im Buch und Ort der Lesung. Das Café Sibylle. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain. Der Kassierer eines Bioladens verschwindet. Ein russischer Investor wird tot in seinem Pool gefunden. Beide Male führen die Spuren zum Modelabel eines Berliner Designerwunderkindes.

Das ist, kurz zusammengefasst, die Rahmenhandlung des Krimis "Das rote Tuch" von Hans Kämmerer. Das Buch ist im vergangenen Herbst erschienen und wird am 19. Januar bei einer Lesung im Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, vorgestellt. Der Ort ist wohl nicht zufällig gewählt. Denn auch das Café und seine Umgebung kommen in dem Werk vor.

Genaue Ortskenntnis

Womit wir beim lokalen Interesse sind. Krimis, die in Berlin angesiedelt sind, gibt es inzwischen unzählige. Auch Friedrichshain spielt dabei immer wieder eine Rolle. Meist werden solche Schauplätze aber eher oberflächlich abgehandelt, dienen häufig nur als kurz skizzierte Requisite für den Fortgang der Geschichte. Beim "Roten Tuch" ist das etwas anders. Genau und umfangreich werden manche Örtlichkeiten beschrieben, teilweise sogar mit historischen Rückgriffen. Und die Szenerie ist stimmig. Ein Beispiel: Der verschwundene Bioladenkassierer lebte laut Buch in der Rotherstraße 28 im Rudolfkiez. Dort wohnte er als letzter Mieter in einem Gebäudekomplex, der saniert werden soll und sträubte sich lange gegen seine Verdrängung.

Die Adresse gibt es wirklich. Und an dem Haus finden derzeit Bauarbeiten statt. Autor Kämmerer, "in Berlin geboren, als Jürgen Sparwasser das WM-Tor gegen die Bundesrepublik schoss", und bisher unter anderem als Projektmanager und Journalist tätig, beweist nicht nur an dieser Stelle Detailkenntnisse. Oder hatte er in diesem Fall vielleicht einfach Glück? Denn die Ereignisse, die der Krimi beschreibt, liegen inzwischen fast vier Jahre zurück. Das wird zwar nirgendwo direkt vermerkt, lässt sich aber aus einigen Angaben schließen. Etwa dem Alter mancher Protagonisten und ihrem Werdegang. Und am deutlichsten durch die Datumsangabe Freitag, 21. Juni, Sommeranfang und Fête de la Musique. Für 2013 passt das.

Skurriler Modeschöpfer

Imaginär hat Kämmerer dagegen die Wohnung und das Atelier des jungen und bereits weltbekannten Modemachers an die Revaler Straße gesetzt. Das befindet sich östlich der Modersohnstraße, direkt an der S-Bahntrasse, "zwischen einem Schrotthändler und einem Lager für Baugerüste". Auch wenn ein solches Domizil dort natürlich nicht zu finden ist, passt die Gegend als äußeres Bild für den inneren Zustand dieser Figur – einer skurrilen, nahezu autistischen Person, die außer ihrer Arbeit wenig Bedürfnisse kennt. Erst recht keine zwischenmenschlichen. Die das normale Leben weit von sich weist, aber nicht verhindern kann, dass sie sich ihm stellen muss, einschließlich manchem, was in der Vergangenheit liegt. So wie ihr die schon vor vier Jahren begonnenen und seither forcierten Wohnungsneubauten in ihrer Nachbarschaft immer näher kommen. Die so ausgeleuchtete Kulisse, in der sich die Charaktere bewegen, ist, noch mehr als die Handlung, das eigentlich Spannende an diesem Werk. Zumindest, wenn man es mit Friedrichshainer Augen liest.

Weitere Morde folgen

Dabei spielen einige Ereignisse auch außerhalb: im Prenzlauer Berg, auf dem Sozialistenfriedhof in Friedrichsfelde einschließlich seiner Nachbarschaft, am Bikini-Haus, in Schöneberg oder bei Curry 36 in Kreuzberg. Und der Kommissar, der wie bereits vom Verlag angekündigt, in weiteren Büchern Mordfälle lösen soll, wohnt in Neukölln. Sein mögliches Entwicklungspotential ist allerdings im Erstling eher angedeutet. Am intensivsten wird die Geschichte, wenn sie an der Rother- und Revaler Straße, am Strausberger Platz und der Warschauer Straße verortet wird. So wie auch die Fäden immer wieder in diese Gegend zurückführen.

Als Krimi ist das Buch eher Dutzendware. Sein Reiz liegt in den teilweise akribisch aufgefangenen Momentaufnahmen einer noch längst nicht abgeschlossenen Zeit und ihrer Veränderungen. Vorneweg in Friedrichshain. tf

Die Lesung am 19. Januar im Café Sibylle beginnt um 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Es werden aber Spenden eingesammelt.
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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