Fitzeks "Passagier 23" im Kriminaltheater
Seit wann weint ein Wäschekorb nach Mitternacht?

Führt das wiederaufgetauchte Mädchen (vorne) auf die Spur weiterer Vermisster? | Foto: Herbert Schulze
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  • Führt das wiederaufgetauchte Mädchen (vorne) auf die Spur weiterer Vermisster?
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Ein riesiges Bullauge bildet den Mittelpunkt des Bühnenbildes. Bullaugen sind in der Regel eher kleine Schiffsfenster. Bei Fahrt bieten sie aber einen Ausblick auf die Weite und die Geheimnisse des Meeres.

Beide Sichtweisen können auch als Metaphern in Sebastian Fitzeks Bestseller "Passagier 23" herhalten. Ihn präsentiert das Berliner Kriminaltheater jetzt als Bühneninszenierung.

Das Buch handelt vom regelmäßigen Verschwinden von Menschen auf Kreuzfahrtdampfern. 23, deshalb die Zahl, seien es im Schnitt pro Jahr. Häufig sind Unfälle oder Selbstmorde der Grund dafür, so zuletzt wohl auch beim Sänger und Ex-Superstar-Teilnehmer Daniel Küblböck. Aber bei manchen gibt es keine wirkliche Erklärung für ihr plötzliches nicht mehr Wiederauftauchen. Von ihnen handelt Fitzeks Vorlage. Dort gehen besonders häufig an Bord einer bestimmten schwimmenden Herberge Passagiere mysteriös verlustig. Immer Frauen und Kinder. Vor fünf Jahren auch die Gattin und der Sohn eines Polizeipsychologen.

Dann wird ein seit Wochen vermisstes Mädchen plötzlich wieder entdeckt. Weinend in einem Wäschekorb im Labyrinth des Schiffsbauchs. Ein Wimmern nach Mitternacht, dessen Ursache kein abgelegtes Kleidungsstück sein kann, wie in einem der wenigen Gagmomente im Stück messerscharf kombiniert wird. Mit dabei hat das Mädchen den Teddy des verschwundenen Psychologen-Kindes. Was den Vater zu erneuten Ermittlungen auf hoher See herausfordert.

Ein Psychothriller-Plot, der eine Menge Spuren und Spielmaterial birgt. Denn natürlich ist von Anfang an klar, mit dem vermeintlichen Abtauchen im weiten Ozean ist es nicht getan. Es muss ein Zusammenhang zwischen den Verschwundenen, ein Geheimnis geben. Und am Ende steht, wie ebenfalls erwartbar, eine einigermaßen unerwartete Wendung.

Spannung auch für Fitzek-Fans

Sebastian Fitzek hat sich mit diesen Zutaten und ihrer besonderen Handhabe inzwischen zum aktuellen Krimiautor Nummer eins in Deutschland hochgeschrieben. Das Kriminaltheater liegt schon deshalb mit einer Fitzek-Inszenierung nicht besonders falsch. Nach "Der Seelenbrecher" und "Die Therapie" passiert das mit "Passagier 23" auch bereits zum dritten Mal.

Natürlich musste bei der Textvorlage gestrafft und manche Handlungsstränge vernachlässigt werden. Die zehn Schauspieler, die teilweise in mehreren Rollen auf der Bühne agieren, bedeuten bereits ein ungewöhnlich großes Ensemble für das Haus an der Palisadenstraße. Die meisten von ihnen müssen mit der Doppelbödigkeit ihrer Figuren changieren. Zwischen dem, was sie vorgeben zu sein und einem Subtext, der eine Ahnung vermittelt, dass es auch ganz anders sein könnte. Etwa Silvio Hildebrandt als betroffener Ermittler. Oder Matti Wien in der Rolle des Kreuzfahrtschiff-Kapitäns. Beide übrigens schon lange Stützen im Kriminaltheater. Nicht nur sie halten die Balance und tragen dazu bei, dass sogar Fitzek-Vielleser nicht mehr ganz sicher sind, wie es ausgeht. Sie glaube zwar zu wissen, was mit der verschwundenen Frau und dem Sohn des Psychologen passiert sei, meinte eine Besucherin in der Pause zu ihrer Begleiterin. Aber möglicherweise verwechsle sie diese Lösung auch mit einem anderen Buch des Autors. Deshalb war auch für sie Spannung bis zum Schluss garantiert.

Berliner Kriminaltheater, Palisadenstraße 48. Die nächsten Aufführungen von "Passagier 23" sind am 15., 24. und 29. Oktober, jeweils um 20 Uhr. Die Vorstellung am 19. Oktober ist bereits ausverkauft. Kartenpreis: Zwischen 19 und 36 Euro. Tickethotline: 47 99 74 88; www.kriminaltheater.de.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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