Suche nach dem Glück
Barbara Gruber und ihre besondere Ausstellung
Ob sie die Namen all ihrer Protagonisten noch sofort nennen könnte? "Klar", sagt Barbara Gruber. "Luca, Giulia, Kwuipa...". Sie zählt noch weitere auf. Okay, gewonnen.
Einige Porträts dieser Menschen hängen noch in ihrer Friedrichshainer Wohnung. Ab 3. August sind sie Teil einer Ausstellung im Projektraum der Alten Feuerwache an der Marchlewskistraße.
Barbara Gruber hat zwischen April und Juli 2017 Menschen angesprochen und ihnen die Frage gestellt "Was macht dich glücklich" und dabei Fotos gemacht. Die Vorgabe: An 100 Tagen täglich eine Person zu interviewen und ins Bild zu setzen. Die Antworten und die Aufnahmen stellte sie zunächst auf Istagram. Jetzt sind sie bis 26. August unter dem Titel "#100xPeoplexHappiness" für jeden zu sehen.
Die Idee dazu sei ihr durch ein ähnliches Projekt in Amerika gekommen, erzählt die 44-Jährige. Sie habe das spannend gefunden und sich ebenfalls aufgemacht. "Wenn ich drohte, in Verzug zu geraten, hat mich mein Mann ermahnt."
Ihre Protagonisten fand sie in ihrer Wohngegend oder rund um ihren Arbeitsplatz bei der Deutschen Welle in Wedding. Auch auf Veranstaltungen wie der re:publica und nicht zuletzt anlässlich einer berufsbedingten Reise durch mehrere afrikanische Länder. Die erste Erkenntnis: Kaum jemand habe sich ihrem Gesprächswunsch entzogen. Die zweite: Viele mussten länger nachdenken, um die auf den ersten Blick simple Frage zu beantworten. Und drittens: Glück wird sehr unterschiedlich definiert.
Die Konfrontation auf diese Weise habe zunächst neugierig gemacht, vermutet Barbara Gruber. Auch weil dieses Thema ansonsten wohl eher wenig reflektiert werde. Dazu hätten die Lebensbedingungen der verschiedenen Interviewpartner für eine große Bandbreite gesorgt.
In Afrika würde Glück vor allem auf das konkrete Dasein bezogen. Dass es der Familie gut geht, das Fortkommen der Kinder gesichert sei. In Berlin sei es eher um ein entspanntes und ausgefülltes Leben gegangen. Einen kreativen Beruf zum Beispiel, Spaß und Kontakte mit anderen.
Wobei Gruber auch Menschen am Rand der Gesellschaft porträtiert hat. Etwa den schon erwähnten Kwuipa. Er stammt aus Liberia, ist inzwischen seit 20 Jahen in Deutschland und lebt auf der Straße. Sein Salär bessert er durch Flaschensammeln auf. Barbara Gruber hat ihn im Volkspark Friedrichshain getroffen. Glück bedeute für ihn, eine Bibliothek aufzusuchen und dort zum Beispiel im Internet zu surfen, sagte ihr Kwuipa.
Sie habe durch dieses Projekt viele Menschen, gerade auch in ihrer Nachbarschaft kennengelernt, sagt die Glücks-Rechercheurin. Kinder einer nahe gelegenen Gehörlosenschule zählten ebenso dazu, wie ein Mann, der vor einigen Jahren einen Selbstmordversuch unternommen hat und von seinem Hund gerettet wurde. Schon die eigene Umgebung nehme sie seither anders wahr. Was auch zeige, dass jeder eher mit sich selbst beschäftigt sei. Das aufzubrechen sei ebenfalls ein Anliegen. Manche der Interviewten hätten sie dazu animiert, ihre Ergebnisse nicht nur online zu veröffentlichen. Das führte zur Anfrage an die Feuerwache.
Die Ausstellung musste allerdings zunächst finanziert werden. Barbara Gruber startete deshalb eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext. 2800 Euro war ihre Mindestmarge, 4300 Euro, um im Rahmen der Schau noch einen kostenlosen Workshop für Jugendliche zu veranstalten. Beide Beträge kamen zusammen.
Die Workshops finden am 17. und 24. August statt und sollen Heranwachsenden ab zwölf Jahren Tipps für eigenes Storytelling per Smartphone geben, ähnlich wie bei Barbara Gruber mit anderen Menschen im Mittelpunkt. Das Handy könne mehr sein, als nur eigene Ansichten und Bedürfnisse zu übermitteln, will sie auf diese Weise vermitteln.
Bei der Ausstellung werde alle ihre Teilnehmer in großformatigen Fotos vorgestellt, einschließlich ihren Antworten zum Thema Glück. Natürlich sind viele auch zur Vernissage eingeladen.
Bei manchen hätten sich die Lebensumstände seit den Interviews verändert, hat Barbara Gruber erfahren. Was bereits die Idee für ein Langzeitprojekt nahe legt. Was machen und wo stehen diese einhundert Menschen in einigen Jahren?
Und wie würde die Frau, die bei anderen auf der Suche nach dem Glück war, das für sich selbst beschreiben. "Meine Familie mit unserem kleinen Kind", fällt Barbara Gruber als erstes ein. Außerdem ganz profane Dinge, wie ein Tag an einem schönen Strand. Ihre Antworten kamen sofort.
Die Vernissage beginnt am 3. August um 18 Uhr. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags bis donnerstags, 11 bis 19, freitags bis sonntags, 12 bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Workshops finden am 17. und 24. August jeweils von 14 bis 17 Uhr statt. Anmeldung per E-Mail an the100dayproject@icloud.com.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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