Branko und die besten der Welt: Abiturient nimmt an der Mathe-Olympiade in Rio teil

Reflektiert, analytisch, aber auch zu Emotionen fähig: Mathe-Olympia-Teilnehmer Branko Juran. | Foto: Thomas Frey
3Bilder
  • Reflektiert, analytisch, aber auch zu Emotionen fähig: Mathe-Olympia-Teilnehmer Branko Juran.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Branko Juran steht für Zuverlässigkeit und gepflegte Zurückhaltung. Er ruft ziemlich schnell zurück, nachdem die Bitte um ein Treffen bei seiner bisherigen Schule eingegangen ist. Bei dem Termin ist er konkret, routiniert, aber fast durchgehend rational.

Typisch Mathematiker, könnte man sagen. So als würde der 18-Jährige das erneute Messen mit den weltweit besten Jugendlichen seines Fachs auch in der allgemeinen Dimension als große Gleichung mit einigen Unbekannten betrachten. Erst im weiteren Verlauf lässt er erkennen, dass dabei einige Emotionen mitschwingen.

Aber der Reihe nach. Branko Juran, der gerade am Heinrich-Hertz-Gymnasium sein Abitur abgelegt hat, fliegt am 15. Juli zur Mathe-Olympiade nach Rio de Janeiro. Er gehört zum sechsköpfigen deutschen Team, das in der brasilianischen Metropole um Medaillen kämpft. Jeder für sich, erst am Ende gebe es eine Art Nationenwertung, sagt Branko. Also ganz ähnlich wie bei den sportlichen olympischen Spielen. Überhaupt reizen erst einmal Analogien mit der Welt der Leibesübungen, etwa dem Fußball. Die Mathe-Auswahl bildet die Nationalmannschaft, das Heinrich-Hertz-Gymnasium, mathematisch-naturwissenschaftliche Vorzeigeschule, ist eine Art Bayern München und Branko Juran einer seiner Leistungsträger. So wie früher Philipp Lahm oder heute Jerome Boateng.

Aber nicht alles, was hinkt ist ein Vergleich. Für die Mathe-Olympiade müsse sich jeder Teilnehmer jedes Jahr von neuem qualifizieren, stellt der Abiturient klar. Das gehe über verschiedene Auswahlverfahren mit Tests und Seminaren, bei denen aus Kandidaten in zunächst dreistelliger Zahl dann 16 und am Ende das halbe Dutzend Vertreter ausgesiebt werden. Dass vier aus dem aktuellen Kader bereits im vergangenen Jahr beim Mathe-Weltcontest in Hongkong dabei waren, spricht wahrscheinlich für deren Klasse. Einer von ihnen war Branko Juran. Er ist der einzige Vertreter aus Berlin. Die meisten stellt das Bundesland Bayern mit drei Teilnehmern.

Sein Aufstieg in die Mathe-Elite lief, ebenso wie bei anderen Mitbewerben, über erfolgreiche Teilnahmen bei nationalen Ausscheiden. Etwa 2015, als er einer der Preisträger beim Bundeswettbewerb Mathematik wurde. Schon damals gab es über ihn einen Bericht in der Berliner Woche.

Wegen seiner Erfahrungen aus Hongkong kann sich Branko Juran einigermaßen vorstellen, wie die Tage in Rio verlaufen werden. Nach der Ankunft, dem Bewältigen des Jetlags und der Eröffnungsfeier werden die Teilnehmer dann zwei Tage lang, jeweils viereinhalb Stunden, über ihren Aufgaben brüten. Die kommen aus den Bereichen Algebra, Geometrie, Zahlentheorie und Kombinationstechnik. Rund 600 Medaillenanwärter aus mehr als 100 Ländern sind am Start. Wer eine bestimmte Punktzahl erreicht, wird mit Edelmetall ausgezeichnet. 2016 in Hongkong holte Branko bereits Bronze. Natürlich seien die Aufgaben ambitioniert, schließlich wären hier die besten Cracks rund um den Globus versammelt. Aber schon das mache die Veranstaltung spannend und außergewöhnlich.

Das ist auch der Moment, wo Branko Juran einige Emotionen erkennen lässt. Wenn er von Kontakten mit anderen Teams berichtet, wie im vergangenen Jahr mit den Israelis oder den Franzosen. Wenn er erzählt, dass mit der britischen Equipe nach dem Brexit-Votum eine Art Europa-Verbrüderungsfeier stattgefunden hat. Oder wenn die syrischen Teilnehmer die Deutschen um ein Selfie baten, "weil doch viele unserer Landsleute jetzt bei euch sind". Nur zu den Nordkoreanern habe es keine Verbindung gegeben. Wahrscheinlich deshalb, weil eines ihrer Teammitglieder die Mathe-Olympiade zur Flucht genutzt hat. Berichte, die zeigen, dass es für Branko Juran noch eine Welt außerhalb der Mathematik gibt. Auch sein Abischnitt von 1,0, den er nur beiläufig erwähnt, weist darauf hin. Zeit, um Rio kennen zu lernen, will er sich ebenfalls nehmen. "Ich war ja noch nie in Südamerika."

Studieren wird Branko Mathematik und zwar ab Herbst in Bonn. Die Universität gilt als eine Hochburg dieses Fachs. Dort unterrichtet auch Peter Stolze, ebenfalls Heinrich-Hertz-Absolvent, der 2012 mit 24 Jahren Deutschlands jüngster Mathematik-Professor wurde.

Was er mache, habe erst einmal nichts mit rechnen zu tun, ist Branko Juran noch wichtig. Es gebe auch Treffen der weltbesten Kopfrechner, das sei aber eine andere Veranstaltung. Sein Gebiet wäre das Lösen von Problemen innerhalb des riesigen Universums von Zahlen und Figuren. Das habe manchmal einen ganz realen Bezug.

Nach dem Ende des Termins in einem Café unweit seiner ehemaligen Schule wünscht ihm die Bedienung viel Glück. Sie kennt Branko Juran nicht nur als Gast. "Mit anderen zusammen habe ich ihre Kasse programmiert", erzählt er beim Hinausgehen. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 89× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 42× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 453× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.053× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.