Bundestagswahl: Direktkandidatin Cansel Kizitepe (SPD) hofft trotz wenig Rückenwind auf ihren Erfolg

Cansel Kiziltepe will direkt in den Bundestag gewählt werden. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Cansel Kiziltepe hat eine Eigenschaft, die sie von vielen Politikern unterscheidet: Sie beantwortet nicht nur Fragen, sondern stellt auch gerne welche.

"Was denken Sie, sind die Gründe dafür?", kontert sie beispielsweise den Hinweis darauf, dass die SPD in den Umfragen ja nicht besonders gut dastehe. Das weiß sie natürlich selbst, könne es aber nicht wirklich erklären, sagt die Bundestagsabgeordnete und Direktkandidatin der Sozialdemokraten im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost. Ihrer Meinung nach wird die Arbeit ihrer Partei weit unter Wert gewürdigt. Trotz eher geringem Rückenwind kämpft Cansel Kiziltepe um das Direktmandat. Helfen soll ihr dabei vor allem ihr Engagement in den vergangenen vier Jahren.

2013 trat die 42-Jährige das erste Mal im Wahlkreis an und gelangte über die Landesliste in den Bundestag. Unter allen Mitbewerbern ist sie die einzige, die bereits über Parlamentserfahrung verfügt. Noch mehr stellt sie heraus, was sie erreicht oder mit angestoßen hat. Etwa beim Kampf um die Rückübertragung des eigentlich schon an einen privaten Investor verkauften Dragonerareals. Nicht nur bei diesem Thema habe sie die Erfahrung gemacht, dass es manchmal lange dauert, bis sich ein Erfolg einstellt. Aber auch, dass sich der Einsatz lohne.

Lehrjahre hinter sich

Als Abgeordnete hat Cansel Kiziltepe inzwischen die Lehrjahre eines oft mühsamen Aushandlungsprozesses hinter sich. Ja, das Gesetz zur Mietpreisbremse sei alles andere als optimal, räumt sie ein. Aber es war wenigstens ein erster Schritt. Und mit der Union sei eben mehr nicht zu machen gewesen. Allerdings scheint die SPD dieses Thema ebenfalls nicht unbedingt in den Vordergrund zu stellen. Diese Replik gilt auch als Antwort auf die eingangs gestellte Frage, warum deren Wahlkampf nicht wirklich zündet. Kaprizieren sich die Genossen und ihr Kanzlerkandidat vielleicht zu sehr auf manche Gerechtigkeitsfragen, die in der breiten Bevölkerung derzeit nicht unbedingt die Hauptrolle spielen? Kommt das Problem fehlender und zu teurer Wohnungen dagegen nicht zu sehr am Rand vor, obwohl es Menschen bis weit in die Mittelschicht betrifft?

Natürlich wäre diese Frage in Ballungsräumen wie Berlin und seinem Umland gravierender als etwa auf dem flachen Land oder selbst im Ruhrgebiet, meint die Kandidatin. Umso wichtiger sei es, dass Vertreter besonders betroffener Gebiete das immer wieder vorbringen, dreht sie den Spieß um. Gerade der Komplex Mietsteigerungen und Verdrängung waren und sind einer ihrer Schwerpunkte. Das beinhalte auch viele oft kleine Gewerbetreibende, wie sich besonders in Friedrichshain-Kreuzberg zeige. Zwar sei vor Ort der eine oder andere Erfolg erzielt worden. Was nichts daran ändere, dass gesetzliche Eingriffe dringend notwendig seien. Gewerbemieter müssten mindestens ebenso wie Wohnungsmieter behandelt werden, ihnen dürfte nach Auslaufen ihrer meist befristeten Verträge nicht einfach gekündigt werden. Dafür müsse, unterstützt von zivilgesellschaftlichen Initiativen, weiter gekämpft werden, so Kiziltepe.

In Kreuzberg zuhause

Ihre Rückkoppelung in den Kiez wirft sie nicht nur bei diesem Beispiel in die Waagschale. Sie will mit ihrem Lokalkolorit punkten. "Ich bin in Kreuzberg aufgewachsen. Meine Eltern wohnen im Wrangelkiez. Wenn ich unterwegs bin, treffe ich Menschen, die ich seit der Schulzeit kenne." Die lokale Verortung spielt auch eine Rolle, als beim Gespräch irgendwann der Name des bisherigen Grünen-Platzhirsches Hans-Christian Ströbele fällt. Der habe ohne Zweifel große Verdienste. "Aber ich sehe nicht, dass er sich um die sozialen Probleme besonders gekümmert hat."

Schließlich setzt Cansel Kiziltepe auf ihre Glaubwürdigkeit. Es sei ja kein Geheimnis, dass sie nie eine Freundin der Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD gewesen sei und bereits als Bundestagsneuling 2013 gegen dieses Bündnis gestimmt habe. "Ich habe mich da nie verbogen." Und wenn Fehler gemacht worden seien, wäre es auch kein Problem, die zu benennen.

Ihr Einsatz, ihre Wurzeln im Bezirk, ihre bisherige Arbeit im Parlament – all das soll sich, Trend hin oder her, in ihrem Wahlergebnis niederschlagen. Und vielleicht hilft ihr Nachname ebenfalls noch. Der bedeute übersetzt nämlich "Roter Berg", sagt Cansel Kiziltepe. tf

Acht Fragen an Cansel Kiziltepe


Das erste Mal haben Sie wann gewählt und wen?

Kiziltepe: Bei der Bundestagswahl 1998 und auch da schon die SPD.

Sie stecken mit Angela Merkel im Lift fest. Was würden Sie mit ihr besprechen?

Kiziltepe: Zwei Dinge: Eine gerechtere Steuerpolitik. Und dass wir uns beim Thema Wohn- und Gewerbemieten anders aufstellen müssen.

Sie teilen sich ein Taxi mit Martin Schulz. Um welche Themen geht es während der Fahrt?

Kiziltepe: Um mehr klare Kante.

Das Buch, das Sie zuletzt gelesen haben?

Kiziltepe: Political Framing von Elisabeth Wehling

Lieblingsmusik?

Kiziltepe: Punkrock.

Favorisierte Website oder Blog?

Kiziltepe: Bizim Kiez.

Lieblingsplatz in Friedrichshain-Kreuzberg?

Kiziltepe: Der Görli.

Ihre Stärken und Ihre Schwächen?

Kiziltepe: Stärke: Der Umgang mit Menschen. Schwäche: Ungeduld.

Geboren 1975 in Berlin. Diplom-Volkswirtin. Lehrbeauftragte an der Berliner Berufsakademie und beim Deutschen Gewerkschaftsbund. 2005-2012 Mitarbeiterin im Bundestagsbüro des SPD-Abgeordneten Ottmar Schreiner. 2012/2013 bei VW. Seit 2013 Mitglied des Bundestags. Wohnt in Friedrichshain.

Acht Fragen an Cansel Kiziltepe tf

Cansel Kiziltepe will direkt in den Bundestag gewählt werden. | Foto: Thomas Frey
Auf Tuchfühlung mit dem Kanzlerkandidaten. Cansel Kiziltepe und Martin Schulz. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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