Kampf für Gerechtigkeit: Zum Tod vom Kurt Gutmann

Kurt Gutmann, vordere Reihe ganz rechts, bei der Verleihung der Bezirksmedaille 2014. | Foto: Thomas Frey
  • Kurt Gutmann, vordere Reihe ganz rechts, bei der Verleihung der Bezirksmedaille 2014.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Bei ihrer Sitzung am 24. Januar gedachte die Bezirksverordnetenversammlung Kurt Gutmann. Er war am 27. Dezember, wenige Wochen vor seinem 91. Geburtstag, gestorben.

Kurt Gutmann wurde als jüngster von drei Brüdern 1927 in Krefeld geboren. Sein Vater starb bereits ein Jahr später. Nach 1933 war die jüdische Familie Repressionen ausgesetzt.

Seine Mutter Jeanette versuchte in der Folgezeit ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Zunächst gelang die Emigration des mittleren Bruders Fritz nach Großbritannien. Im Mai 1939 folgte der damals zwölfjährige Kurt. Er fand Platz auf einem der letzten Kindertransporte, der ihn nach Schottland brachte. Seine Mutter und seinen ältesten Bruder Hans-Josef hat er beim Abschied am Bahnhof zum letzten Mal gesehen. Beide wurden ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.

Kurt Gutmann kam 1945 als britischer Soldat nach Deutschland zurück. Es dauerte Jahre, bis er mehr über das Schicksal seiner Familienangehörigen erfuhr. Die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten wurde ebenso zu seinem Lebensthema wie die Sühne für die Täter.

In Sobibor unterstützte er die Gestaltung einer kleinen Gedenkstätte und setzte dort einen Stein für Jeanette und Hans-Josef. Und er war daran beteiligt, dass mit John Demjanjuk einem der Beteiligten am Massenmord noch im hohen Alter der Prozess gemacht wurde. Während des Verfahrens, das zwischen 2009 und 2011 in München stattfand, war Kurt Gutmann der einzige deutsche Nebenkläger. Regelmäßig fuhr der damals über 80-Jährige zu den Gerichtsterminen in die bayerische Landeshauptstadt. Das sei das Mindeste, was er noch für seine Mutter und seinen Bruder tun könne. Und er wolle dem Mann in die Augen schauen, den beide vielleicht als letzten vor ihrem Tod gesehen hätten.

Gegen das Vergessen kämpfte Kurt Gutmann auch als Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und als langjähriger Bürgerdeputierter im Kulturausschuss und in der Gedenktafelkommission. 2014 wurde er mit der Bezirksmedaille Friedrichshain-Kreuzberg ausgezeichnet. "Als ehemaliger Flüchtling appelliere ich an Unterstützung und Hilfe für Flüchtlinge, die heute zu uns kommen", sagte er aus diesem Anlass.

Zuletzt war Kurt Gutmann einer der Porträtierten in der Ausstellung und Videodokumentation "Kriegskinder" der Regisseurin Ina Rommel, die bis Ende Januar in der Studiobühne der Alten Feuerwache zu sehen war. Seine Geschichte unterschied sich von der der meisten anderen, die den Krieg als Bombenopfer oder als Vertriebene erlebt hatten. Aber nur mit ihr wurde das Bild vollständig.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 546× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 835× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 813× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.191× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.