Kampf um jedes Bett: Der selbstlose Einsatz für den Kirchentag
Friedrichshain-Kreuzberg. Vom 24. bis 28. Mai findet in der Berlin und Wittenberg der evangelische Kirchentag statt. Rund 100 000 auswärtige Besucher werden zu diesem Großereignis der protestantischen Christen in der Hauptstadt erwartet.
Sie alle irgendwo unterzubringen, bedeutet im Vorfeld die größte Herausforderung. Hilfe gibt es zunächst vom Land Berlin, das viele Schulen als Nachtlager für die Pilger von nah und fern zur Verfügung stellt. Es bleiben aber noch rund 15 000 Gäste, für die sich aus unterschiedlichen Gründen der Schlafplatz in einem Klassenzimmer nicht eigne. Zum Beispiel, weil sie schon älter sind, erklärt Christine Schreiner. Schreiner, kirchlich verortet in der Pfingstgemeinde am Petersburger Platz, ist eine von vielen Ehrenamtlichen, die versuchen, Privatquartiere während des Kirchentags einzuwerben. Nicht nur sie setzt dabei auf mediale Unterstützung.
Die Berliner Woche ist in den vergangenen Wochen mit zahlreichen Anfragen zwecks Hinweise auf die Bettenkampagne unter dem Motto "Ham Se noch wat frei" konfrontiert worden. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg. Der Hinweis, alle Leser seien bereits durch einen Artikel auf der Berlin-engagiert-Seite über die Bemühungen um weitere Schlafquartiere informiert, sorgte für mildernde Umstände.
Der Kampf um jedes weitere Dach über dem Kopf für einen Kirchentagsgast ist auch in Friedrichshain-Kreuzberg ein Thema. Zu beobachten ist das beispielsweise an einem Sonnabend am Boxhagener Platz. Dort haben Christine Schreiner und drei Mitstreiter ihren Stand aufgebaut. In ihrer Nachbarschaft läuft der Betrieb des Wochenmarkts. Immer wieder werden Kunden auf sie aufmerksam, manchmal bilden sich sogar kleine Schlangen. Das liegt nicht zuletzt an den orangefarbenenen Luftballons, auf die das Kirchentagsmotto "Du siehst mich" aufgedruckt ist. Sie sind vor allem bei Kindern begehrt.
Lassen sich die Besucher auf ein Gespräch ein, wird ihnen meist der "Ham Se noch wat frei-Flyer" überreicht, verbunden mit der Hoffnung, möglichst viele werden sich als Herbergsmutter oder -vater zur Verfügung stellen.
Die Leute würden im Großen und Ganzen sehr aufgeschlossen reagieren, sagt Sören Hühnlein, der einzige Mann in dieser Gruppe. Zumindest spontan zeigen sich viele dafür offen, ihre eigenen vier Wände für einige Tage mit jemandem zu teilen. Allerdings meist erst einmal ohne feste Zusage. Er werde sich das überlegen, meint ein Mann. Eine gute Idee, findet eine Frau. Leider wohne sie nicht in Berlin, sondern komme aus Dresden. Aber vielleicht sei ihr Schwager, ansässig in Friedrichshain, zur Aufnahme eines Gastes bereit.
Aus diesen vielen "hätte, wäre, wenn..." genügend Plätze zusammen zu bekommen, werde nicht einfach, schwant auch den wackeren Werbern am Boxhagener Platz. Berlin sei eben ein schwieriges Pflaster, meint Christine Schreiner. Nicht zu vergleichen mit anderen Städten, wo die protestantische Bindung noch um einiges größer sei.
Kurz vor Ostern fehlten noch immer rund 4000 Schlafplätze. Gerade die Tage rund um das Fest sollten deshalb intensiv für die Bettenwerbung genutzt werden, appellierte die Privatquartierorganisation beim Kirchentag. Außerdem wird für die kommenden Tage eine weitere öffentliche Aktion angekündigt. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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